„Ich hab da mal ´ne Frage … Ingrid Haag!“ Interview von Claudia

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Foto: Jörg Lingrön
(links: Ingrid Haag, rechts Claudia Kociucki)

Ein Interview mit Ingrid Haag

Es fragt: Claudia Kociucki

1. Ich habe natürlich nicht nur eine einzige Frage, liebe Ingrid, das war glatt gelogen, aber ich musste als Reporterin ja erst einmal einen Fuß in die Münchner Haustür bekommen. Nachdem das so gut geklappt hat und wir hier so nett virtuell beisammensitzen, kann ich ja die Katze aus dem Sack lassen und dir verraten: Es sind 13 Fragen, wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier. Guck nicht so! Ich kann das sehen, Ingrid, auch wenn du in Bayern sitzt und ich im Pott. Sei froh, dass nicht die 42 meine Lieblingszahl ist, sonst wären wir morgen noch nicht fertig… Also, es fängt ganz harmlos an, klassischer Einstieg. Eine persönliche Frage, die immer wieder gerne und genau so gestellt wird: „Wenn du dich in 13 Wörtern beschreiben müsstest, welche wären das?“

Zunächst einmal: Was heißt hier ‚Katze aus dem Sack‘? Ich habe zwar tatsächlich einen Stubentiger, aber in meinem Fall müsste es heißen ‚Kater aus dem Sack‘. Auch wenn er momentan aussieht, als sei er schwanger. Gut. Immerhin gibst du mir dreizehn Wörter, daraus ließe sich im Notfall eine halbe Seite bauen.

Los geht es: bodenständige Bayerin, landgeborene Stadtpflanze, sprachverliebte Krimispezialistin, katerbegleitete Isarauen-Anwohnerin, heimatliebende Golfspielerin, geübte Fernreisende, Verkaufstalent. Passt?

2. Apropos persönliche Frage: Der Tages- (oder Nacht)ablauf von Menschen der schreibenden Zunft ist ja zuweilen etwas schrill. Was tust denn du als erstes, nachdem das Schrillen deines Weckers dich aus dem Schlaf katapultiert hat?

Ich rede. „Der Alptraum eines jeden Morgenmuffels“, hieß es in meiner Familie. Mein Mundwerk ist quasi vor mir wach. Um mich ganz der Welt zu stellen, brauche ich einen großen Kaffee ohne Zucker und unbedingt ein Frühstück. Ich verstehe die Frühstücksabstinenzler nicht. Bei mir gibt es in der Regel Müsli, selbst geschrotet und mit Liebe, meistens jedenfalls, für mich zubereitet. Wenn ich nichts Weltbewegendes vorhabe, trödle ich auf dem iPad durch die Frühnachrichten und mache mich in der letztmöglichen Minute auf in die Welt.

3. Apropos tägliche Rituale: Die Pippi Langstrumpf-Frage „Drei mal drei – ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“: Erzähl uns doch etwas über deine Lieblingstageszeit, deinen Lieblingsort, dein Lieblingsoutfit beim Schreiben!

Wir gehen davon aus, dass ich es schaffe, den Schweinehund dauerhaft in den Käfig zu sperren, oder? Den Dreh habe ich nämlich noch nicht raus. Wenn ich in einer Geschichte stecke, schreibe ich immer und überall. Blöderweise bin ich am kreativsten in den Abendstunden, wenn das Alternativprogramm am attraktivsten ist. Das heißt, am richtigen Rhythmus arbeite ich noch. Lieblingsoutfit? Du meinst so etwas wie einen bunt bedruckten Schreiboverall? Nö, das gibt es bei mir nicht. Wäre auch blöd in Verbindung mit ‚immer und überall‘. Ich will in Ruhe schreiben und keinen Menschenauflauf kreieren.

4. Apropos in Ruhe schreiben: Du bist ja passionierte Golferin, wie wir schon erfahren haben. Wenn du mit deiner Golftasche auf den Platz gehst, darfst du laut Reglement bis zu 14 Schläger mitnehmen. Das weiß ich auch nur daher, weil mein lieber Autorenkollege Robert Pfeffer mir diese Interviewfrage dankenswerterweise gesponsert hat. Dein Spiel wird dadurch variabel, weil Du für verschiedene Situationen verschiedene Schläger parat hast. Was packst Du alles in deine Schreibtasche, wenn Du eine Runde auf dem Schreibplatz drehst?

Danke, Robert, unbekannterweise! Er hat dich auch überredet, keine alten Golfwitze zu reißen, oder? Glaube mir, ich kenne sie alle. Was das Schreiben betrifft, bin ich in der Findungsphase. In der Regel genügt mir mein Hirn, um Ideen zu spinnen. Aber ich habe natürlich ein kleines Notizbuch, das sich hoffentlich immer in der richtigen Tasche befindet, und eine Armada an Druckbleistiften, mehr oder weniger intakt. Ich liebe es, mit Bleistift zu schreiben. Seltsam, oder? Auf Reisen begleitet mich normalerweise mein iPad, auf dem ich meine besten Geschichten getippt habe. Ich muss den Modus unbedingt reaktivieren.

5. Apropos packen: Was braucht eine Geschichte, um dich zu packen?

Das kann ich nicht festnageln. Entweder es klappt oder eben nicht. Der Anfang ist entscheidend, glaubwürdige Charaktere, intelligente Handlung, gute Sprache. Kein Geheimnis. Ich verfüge über eine große Sammlung an Krimis bzw. Spannungsliteratur. Ja, ja, ich weiß, manch einer rümpft jetzt die Nase. Das halte ich aus. Ich habe in diesem Genre ein sehr solides, buchstäblich erlesenes Fachwissen und erkenne gutes Handwerk (an). Seit ich selbst schreibe, bin ich kritischer geworden, aber ich versuche, mir den Spaß nicht nehmen zu lassen.

6. Apropos selbst schreiben: Was hast du bisher aufs Papier gebracht und woran arbeitest du gerade?

Mein halbes Leben habe ich geschäftlich Unmengen geschrieben. Das hat mich trainiert, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Vermutlich ist das einer der Gründe, warum ich gerne Kurzgeschichten schreibe. Ich liebe es, an einer Idee zu feilen, bis ein kompaktes, sprachlich und logisch stimmiges Ergebnis entsteht.

Aber ich versuche mich auch an einem Roman. Die Idee für einen Krimi ist lange in meinem Kopf, die Charaktere kenne ich in- und auswendig, die ersten dreißig Seiten stehen. Ich müsste nur… Ja-ha! Du hast ja Recht, Claudia! Diana Hillebrand tritt mich in ihren Schreibkursen so regelmäßig in den Hintern wie meine Familie. Ich schwöre, gleich morgen schreibe ich weiter.     

7. Apropos weiter: In welchen ungewöhnlichen oder lustigen Situationen hattest du schon einmal richtig tolle Einfälle für deine Geschichten und wie hast du das dann gemanagt?

Hm, entweder ich bin in der Beziehung total langweilig, oder mein Beruf hat mich gelehrt, mehrere Dinge gleichzeitig zu bearbeiten. Desillusionierend, aber nach vielen Jahren laufen Geschäftsgespräche schon einmal automatisch ab. Ich konnte mich dabei beobachten. Mein Mund sprach, ohne dass der Kopf aktiv beteiligt war. Skurril eigentlich. Wie vorher angemerkt, reicht mir jedenfalls bisher mein Hirn, um geniale Einfälle zu speichern, bis ich sie aufschreiben kann.

8. Apropos genial: Wir sind ja beide ganz neu im Verein, die ersten neuen 42er Mädels des Jahres 2014 sozusagen. Was ist genial daran, dabei zu sein?

Ich habe es geschafft! Das ist genial. Seit ich in den Verein aufgenommen wurde, bin ich gefühlt einen halben Meter gewachsen und nenne mich ab und zu Autorin. Was ich an dem Verein so genial finde? Bei den 42ern gibt es schillernde Charaktere, und es wird ordentlich und äußerst eloquent ausgeteilt. Wer nicht zu zart besaitet ist, kann eine Menge für das Überleben im Literaturbetrieb lernen. Aber ich hatte noch nie den Eindruck, hier als Greenhorn von oben herab behandelt zu werden. Das ist genial, findest du nicht? – Auf eine Sache freue ich mich aber ganz besonders: Im nächsten Jahr bin ich im 42er Messeteam und kann meine Messeerfahrung bei der Leipziger Buchmesse einbringen. 

9. Apropos Verein: Meine eigene Trikotnummer ist normalerweise immer die – Überraschung! – 13. Wenn du beim Golfen eine hättest, welche wäre das?

Die 42 wäre jetzt die passende Antwort, richtig? Tut mir leid, in einem Atemzug mit Golf bringe ich das nicht übers Herz. Du weißt, worum es bei Golf geht, oder? Weniger ist mehr: weniger Schläge pro Runde, niedrigeres Handicap, das Siegertreppchen im Turnier. Golf ist ein Wettkampfsport, und wenn es nicht gerade um eine Mannschaftsveranstaltung geht, spielt jeder für und gegen sich selbst. Das heißt? Die Nummer 1, Claudia. Was sonst?

10.  Apropos Glücksbringer: Was denkst du, braucht ein Autor sonst noch so außer Glück?

Tja, Glück… Ich sei ein Glückskind, meint meine Tante. Das Glück ist mit den Tüchtigen, antworte ich darauf jedes Mal. Glück hat schon bei den Kommilitonen nicht gereicht, die zufällig das Richtige für das Examen gelernt hatten. Für den Glücksgriff beziehungsweise den richtigen Riecher braucht ein Autor eine Mixtur aus Kreativität, solidem Handwerkszeug, Sprachgefühl, Fleiß und (ja, ich weiß!) Disziplin. Und in Zeiten der Selbstvermarktung immer mehr Individualität. Das meint zumindest mein Geschäftshirn.

11.  Apropos richtiger Riecher: Dein Lieblingsgeruch?

Ok, jetzt mache ich es mir leicht, schlage wieder den Bogen zu meinem Sport und nenne frisch gemähtes Gras. Der Geruch versetzt mich sofort auf den Golfplatz, in die frühen Morgenstunden, in denen ich am liebsten spiele. Dafür stehe ich auch um halb sechs auf, wenn es sein muss.

12.  Apropos am liebsten: Hier meine Lieblingsfrage. In welcher Situation könntest du dir vorstellen: „Ach, leckt mich am Arsch, ich werd’ jetzt Prinzessin!“

Was heißt werden? Ich bin Prinzessin und musste nicht einmal „Leckt mich!“ sagen. Nach einem halben Leben im IT-Geschäft habe ich die Freiheit, mich neu zu erfinden. Was dabei herauskommen wird, weiß ich nicht. Vermutlich nichts so Spektakuläres wie bei der Meisterin Madonna, aber ich will endlich das tun, was mir Spaß macht. Literatur statt Technik: schreiben, lesen, lektorieren, vermarkten, verkaufen. Glückskind? Kommt mir manchmal so vor, ja.

13.  Bonus-Track. Ohne geht’s ja in der modernen Unterhaltungsindustrie heutzutage nicht mehr. 7 x 3 Optionen: Nicht lange nachdenken, einfach ratzfatz eine auswählen! Keine Erklärungen, keine Fragen. Es geht los. Apropos Prinzessin:

Rapunzel, Schneekönigin oder kleine Meerjungfrau?
Keine Ahnung, aber Königin klingt gut.

Berge, Meer, Binnenland?
Binnenland. Golfspieler, du erinnerst dich?

Print, E-Book oder Hörbuch?
E-Book.

Butter, Margarine oder ‚mit ohne alles‘?
Butter natürlich.

3 Fragezeichen, 3 Engel für Charlie oder 3 Musketiere?
Drei Engel für Charlie.

Frankfurt, Leipzig oder regionale Buchmesse?
Leipzig.

7, 13 oder 42?
42. Jetzt aber, logo.

Richtige Antwort! Ich bedanke mich für dieses erhellende Gespräch, liebe Ingrid, und freue mich auf unsere weitere gemeinsame Vereinszeit bei den 42ern.

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