Abteilung 2: Die Unkonventionellen (1): Louise Aston

„Freiem Leben, freiem Lieben,

Bin ich immer treu geblieben!“

Louise Aston würde man heute wohl eine Skandalnudel nennen, wenn man nicht länger darüber nachdächte. Und für Skandale war die 1814 geborene Louise Franziska immer gut. Das fing schon damit an, dass sie aus der erzwungenen Ehe mit Samuel Aston immer wieder ausbrach. Der in Magdeburg ansässige englische Fabrikant war ganze 23 Jahre älter als sie und brachte vier uneheliche Kinder von drei Frauen mit in die Ehe. Als die Ehe nach ungefähr acht Jahren und drei Geburten geschieden wurde, war Louise in Magdeburg und Göttingen durch ihre Skandale wegen ihrer Liebschaften und wegen ihres nicht immer normkonformen Verhaltens überaus bekannt.

Auch der zweite Versuch einer Ehe mit Aston scheiterte. Sie trennten sich endgültig 1844. Ihr „schlechter“ Umgang – sie suchte Anschluss an die Hegelianer in Berlin – führte dazu, dass sie wegen Beschwerden von der Polizei überwacht und 1846 aus Berlin ausgewiesen wurde. Politisches Engagement für die Geschlechtergleichheit, Ablehnung von Kirche und Religion sowie Rauchen in der Öffentlichkeit und das Tragen von Männerkleidung waren der Berliner Obrigkeit zu gefährlich.

1848 folgte sie dem Freiherrn Ludwig von der Tann als Pflegerin in den Krieg gegen Dänemark. Während dieses Einsatzes lernte sie ihren zweiten Mann kennen, den Arzt Daniel Eduard Meier. Das Duo Infernale beteiligte sich in Berlin aktiv an der Märzrevolution, wurden überwacht, verhaftet und ausgewiesen. Sie zogen schließlich als Arzt und Pflegerin auf russischer Seite mit in den Krimkrieg und lebten danach in der Ukraine, in Siebenbürgen, Ungarn und Österreich.

Erst 1871 kehrten beide nach Deutschland zurück, wo Louise am 21. Dezember verarmt und vergessen starb. Sie wurde 57 Jahre alt.

In literarischer Hinsicht erwies sich die Emanzipation als ihr zentrales Thema, die Emanzipation der Frau und des Individuums durch den demokratischen Umsturz. Besonders ihr Leidensweg in der erzwungenen Ehe bildete einen dichterischen Schwerpunkt, aber auch die Erfüllung in freier Liebe, ohne Bindung an Normen und Konventionen, die sie in ihren Texten einforderte.

Schonungslos rechnet sie in „Ein Heil’ges Fest“ mit der Institution Ehe ab:

„O dieser Tag der höchsten Feier,

Der mir das Herz im Busen bricht;

Der höhnend durch der Zukunft Schleier

Mir zeigt des Schmerzes Angesicht!

Ein Schmerz, der nicht in leichtem Beben,

In flüchtigem Vorüberschweben,

Die schwarze Trauerfahne trägt; –

Nein, der ein ganzes, reiches Leben

Mit schonungsloser Hand zerschlägt!“

Wie sehr sie unter ihrer erzwungenen Ehe gelitten hat, zeigt der Vergleich des Hochzeitsbettes mit einer Totenbahre:

„Erlöscht, ihr Kerzen am Altare!

Erlöscht, wie meiner Seele Licht!

Das Brautbett wird zur Todtenbahre,

Um die man Grabeskränze flicht.“

Nein, die Frau muss frei sein, frei wie George Sand, der Louise ein Gedicht widmet:

„Doch all der Kampf, der in der Brust der Frauen

So schmerzensreich, doch zukunftsvoll, sich regt,

Der schon im Schoß ein schönres Leben trägt,

Das wir nur ahnen, nur prophetisch schauen: –

Du zaubertest sein mächtig Walten

In lebenskräftige Gestalten!

Den Kampf der Zeit in ihren echten Töchtern

Vermachtest du den spätesten Geschlechtern!“

So sieht Aston im Gedicht „An George Sand“ in die Zukunft der emanzipierten Frau.

Ihre zentralen Lebensthemen verband sie im Gedicht „Für Ihn“ als Forderung für eine gerechtere und bessere Zukunft.

„Wenn den unterdrückten Knechten

Erst der Freiheit Sonne scheint;

Wird das Weib mit gleichen Rechten

Einst dem freien Mann vereint.“

Ihr Grabstein wirkt dagegen wie eine Beschwichtigung: „Nach Kampf Frieden.“

Einige ihrer Gedichte findet man hier.

Ihr Wolf P. Schneiderheinze

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