1. Recherche nach dem (fast) verlorenen Autor Hans Meier. Erste Recherche-Station

von Jürgen Block

Hans Meier. Merken Sie sich den Namen des bedeutenden Schriftstellers aus der Freien Hansestadt Bremen. Wikipedia hilft mit dem Artikel über „Hans Meier (Widerstandskämpfer)“ (1914 bis 2000) etwas weiter. Seine wichtigsten Veröffentlichungen werden genannt: zwei Erzählbände, „Kolonie Raffgier“ (1976) und „Damals im April“ (1990). Letzterer ist seit kurzem auch antiquarisch nicht mehr erhältlich. Sein veröffentlichtes literarisches Werk umfasst (nach heutigem Kenntnisstand) 24 Kurzgeschichten und 2 Gedichte. Das war’s, der Nachlass ist verloren gegangen.

Wir hätten gerne ohne große Worte eine Kurzgeschichte von Hans Meier verlinkt, damit Sie sich selbst ein Bild von dem Ausnahmeschriftsteller machen können. Geht leider nicht, im Netz scheint er sich hinter all den Hans Meiers, die es auf der Welt gibt, zu verstecken, und KI ist auch nicht viel klüger. Wir, meine Frau Eva und ich, haben deshalb vor, dem abzuhelfen und in naher Zukunft einen Erzählband von Hans Meier neu herauszugeben. Bis dahin müssen wir Sie leider vertrösten und können nur über Werk und Autor sprechen. In loser Folge werden wir hier im Blog über unsere Recherche nach dem verlorenen Schriftsteller Hans Meier berichten.

Lebenslauf: 1914 als Arbeiterkind geboren, Malerberuf erlernt, seit 1933 im Widerstand gegen die Nazis, von 1936 bis 1939 im Knast wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, nach dem Zweiten Weltkrieg als Maler und Redakteur in kommunistischen Zeitungen tätig, Anfang der 1970er-Jahre wird sein Erzähltalent entdeckt, zwei Bücher werden herausgeben, im Jahr 2000 ist er gestorben.

Genug geschwatzt, jetzt die erste Recherchestation: Friedhof Huckelriede. Über die Friedhofsverwaltung Bremen haben wir die genaue Bezeichnung der Grabstelle erfahren.

Friedhof Huckelriede, anonymes Gräberfeld, Grabstellenbezeichnung 2490/68

Die anonyme Bestattung war im Jahr 2000 noch nicht so verbreitet wie heute. Freundin S., die wir zusammen mit Nachbarin I. im Rahmen unserer Recherche kennengelernt haben, erzählt uns davon, wie beeindruckt sie vor 25 Jahren bei der Trauerfeier war, als die Urne in einem kleinen Loch versenkt wurde, das, mit einer Grasnarbe verschlossen, wieder verschwand, als wäre es nie da gewesen. Dieses anonyme Gräberfeld ist auch ein Symbol für Leben und Werk von Hans Meier, der mit seiner scheuen Bescheidenheit sein literarisches Schreiben nicht an die große Glocke hängte. Folge: Wir wissen immer noch nicht genau, wie und mit wem er sein literarisches Handwerkszeug erlernt hat. War seine Frau Dorchen erste Leserin und kritische Instanz? Die Zeitgenossinnen, Freundin S. und Nachbarin I., kommen zu gegensätzlichen Antworten.

Heute liegen Hans Meiers Kurzgeschichten verstreut in entlegenen Zeitschriften und Anthologien vor und drohen über kurz oder lang gänzlich verloren zu gehen. Auch die Erinnerungen an ihn werden mit jedem Tag blasser, aber dank unserer Nachfragen tauchen scheinbar verloren gegangene Erinnerungen plötzlich wieder auf, wie I. uns gegenüber gesteht. Sie erinnert sich an einen freundlichen, zugewandten, häufig auch etwas distanzierten und in Gedanken an seine Geschichten versunkenen Menschen. Fast verblasst ist auch ein Foto aus dem Album von S., das Hans Meier auf dem Ostermarsch 1983 in Bremen im Profil zeigt:

Hans Meier 1983 neben einer im Schaufensterglas sich spiegelnden Freiheitsstatue im Leichentuch

Eva und ich saßen auf der Bank am anonymen Gräberfeld in Huckelriede. Wir ließen das Gespräch mit S. und I. noch einmal Revue passieren.

Sein Werk in Kurzfassung: In seinen Kurzgeschichten werden vor allem Erfahrungen aus dem Widerstand gegen Krieg und Faschismus verarbeitet. Dabei erzählt er vom Standpunkt der Nachkriegszeit mit raffinierten Rückblenden in die verschiedenen Stufen der Vergangenheit. Bei der Dialogführung orientiert er sich an der Short Story des von ihm sehr geschätzten Ernest Hemingway. Wir wissen, welch großen Einfluss Hemingway auf die deutsche Nachkriegsliteratur hatte. Unser Hans Meier hatte das verdammte Glück im Unglück, den amerikanischen Meister im Nazi-Knast lesen zu können, da das Personal des Gefangenenhauses „vergessen“ hatte, die Bibliothek von geächteter Literatur zu säubern. Diese und weitere literarische Einflüsse verarbeitet Hans Meier selbstständig zu besonderen Kurzgeschichten, die auf dem ersten Blick scheinbar einfach daherkommen.

Haben Sie Lust auf Hans Meiers Geschichten bekommen? Vielleicht können Sie im Internet ein Exemplar von „Kolonie Raffgier“ ergattern, ansonsten müssen Sie auf die Neuherausgabe seiner Geschichten warten. Als symbolischen Vorgriff zeigen wir Ihnen die Lenzrose, die Eva auch in dem Blumenladen in Huckelriede gekauft hat und die wir, frisch getauft als Hans-Meier-Rose, in unser Beet am Haus eingepflanzt haben.

Unsere Hans-Meier-Rose

Die Zeit bis zum Wiedererscheinen der Kurzgeschichten verkürzen wir Ihnen gerne mit weiteren, in diesem Blog exklusiv präsentierten, Stationen der Recherche nach dem verlorenen Autor Hans Meier.

Ihre Jürgen und Eva-Maria Block

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