Schreibrituale oder 1000 Wörter am Tag

Schreibrituale – das soll das nächste Thema im Sonntagsblog sein. Ein Schriftsteller, ein veritabler Autor, muss doch Rituale haben, oder?

Und wenn das für ihn klappt, dann für andere vielleicht auch und wir alle wollen doch veritable Autoren werden.

Ich sag ja immer gerne, wenn ich denn gefragt werde (und das werde ich), wie ich das denn mache mit dem Schreiben, dass ich mich morgens, wenn die Kinder aus dem Haus sind, an den Schreibtisch setze und los schreibe.

Was ganz wichtig für mich ist, ist eine Mindestanforderung an mich selbst – es müssen 1000 Wörter pro Tag werden. Es sollten. Es sollten wirklich mindestens 1000 Wörter werden, eher mehr. Jeden Tag.

Und jetzt gestehe ich – das schaffe ich nicht immer. Manchmal. Meistens. Oft werden es auch mehr, vor allem dann, wenn der Abgabedruck wie ein Frettchen in meinem Nacken sitzt.

Früher, damals, als ich angefangen habe zu schreiben, habe ich Musik gehört. Kaffee getrunken, gequarzt, geschrieben. Ich konnte damals nur abends schreiben, wenn die Kinder im Bett waren oder von meinem Partner betreut wurden.

Heute gehen die „Kinder“ oft später als ich ins Bett. Und in Betten, die ich gar nicht beziehe. Und von denen ich nicht immer sicher weiß, wo sie stehen.

Als alle Kinder dann im Kindergarten und in der Schule waren, habe ich morgens geschrieben – eben wenn das Haus leer und ruhig war. Zu dem Zeitpunkt habe ich auch nur noch selten Musik beim Schreiben gehört. Eigentlich war ich über die Stille froh.

Manchmal höre ich heute noch Musik – wenn ich im Hochsommer eine winterliche Szene oder Geschichte schreiben muss, kommen Weihnachtslieder zum Einsatz. Wenn ich eine bestimmte Stimmung brauche, mich in jemanden meiner Figuren hineinversetzen muss, spiele ich die passende Musik. Youtube ist dafür genial.

Ich habe auch Playlisten für einige meiner Bücher.

Musik ist toll, um in eine bestimmte Stimmung zu kommen. Hab ich die dann aber, nervt mich Musik eher und ich stell sie aus.

Musik ist für mich also eher ein Starter, eine Amuse geuele, eine Art Appetizer.

Ich schreibe inzwischen auch lieber nachmittags und abends. Da bin ich aus irgendeinem biochemischen Grund aktiver. Morgens recherchiere ich UND – ich bin ganz, ganz groß im Prokrastinieren.

Facebook ist mein Held – mal schauen, was so geschrieben wurde, Kommentare abgeben, Mails checken, im Forum der 42er surfen, Mails checken, Facebook aufrufen, aufstehen und noch einen Kaffee kochen, Mails checken. Der Hund will raus, muss gekrault, gefüttert werden. Zwischendurch Mails checken. Was koche ich heute? Muss noch Wäsche gewaschen werden? Einkaufen – ich hasse es, Schuhe zu kaufen, Handtaschen auch, aber auf Lebensmittel stehe ich. Dienstags und freitags ist Markt. Dann gibt es noch den Großhüttenhof und, wenn alle Stricken reißen, den Großmarkt. Stunden könnte ich da verbringen und mir überlegen, was ich alles kochen könnte.

Und dann Chefkoch – Wahnsinn, wie viel Zeit man da verbringen kann. Und natürlich Mails checken.

Aber da war doch noch was? Genau – ein Buch. Ein Buch habe ich seit mindestens 14 Monaten immer, was geschrieben werden muss. Und zwar dringend.

Manche Leute räumen ihren Schreibtisch auf, haben ein Teeritual, müssen sich erst dreimal im Kreis drehen, haben Schreibmusik oder sogar einen Schreibfilm, der im Hintergrund läuft, bevor sie anfangen können zu schreiben.

Das habe ich alles nicht. Ich brauche einen Aschenbecher und eine Flasche Wasser, manchmal Kaffee, manchmal Tee, bei späteren Schreibzeiten auch schon mal ein Glas Wein (Weißwein, trocken). Wenn ich mein Arbeitszimmer erst aufräumen müsste, könnte ich bis zum Sommer kein Buch mehr schreiben …

Ein Ritual habe ich – das hat sich so eingebürgert und ist eine Art Motivationshilfe für mich – ich poste manchmal auf Facebook wie viel ich schaffen will und oft, wie viel ich geschafft habe. 3000 Wörter – Schicht. Heute nur 2546 Wörter. Usw.

Ist das ein Schreibritual? Ich glaube schon.

Was ich damit eigentlich sagen will – bisher habe ich es immer geschafft, meine Manuskripte einigermaßen pünktlich abzugeben. Weil ich mich hinsetze und schreibe. Irgendwann am Tag. Aber jeden Tag. Auch das ist ein Ritual.

Wenn Sie schreiben und dazu aufbauende Musik brauchen, wie zum Beispiel das oder eher einen Film im Hintergrund.

Wenn Sie Tee, Kaffee, selbstgepressten Saft, selbstgedrehte Zigarren oder sonst etwas brauchen, damit Sie in Ihren Schreibrhythmus kommen, dann ist das so und es ist gut. Denn Sie kommen in Ihren Rhythmus.

Falls Sie das nicht haben – es gibt tausend Sachen, die man ausprobieren kann, um zu sehen, ob sie einem beim Schreiben helfen.

Die einfachste Methode ist aber: Sich hinsetzen und schreiben.

Viel Glück beim Finden Ihres Schreibrituals wünscht

Ulrike Renk

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