Cordula kocht mit den Protagonisten: Hoher Besuch

Als er zu seiner Frau in die Küche kam, duftete es bereits herrlich nach gegrilltem Hähnchen. „Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Was machst du denn Gutes?“

Franziska stand am Herd und rührte in einem großen Topf. „Rosmarinkartoffeln mit Grillhähnchen und Ratatouille.“

„Lecker! Wie lange brauchst du noch?“

„Die Hähnchen brauchen noch eine knappe halbe Stunde. Ich hoffe nur, die beiden sind pünktlich. Die Kartoffeln sind auch soweit vorbereitet und müssen in fünf Minuten in den Ofen.“

„Kann ich dir helfen?“

„Bloß nicht! Aber du kannst die Servietten auflegen, die sind unten rechts im Schrank.“

Karl nahm die Servietten heraus und legte sie neben die Teller. Jeweils in der Mitte gefaltet, so wie Franziska es mochte. „Ich habe den Eindruck, du bist ein wenig nervös.“

„Ha!“ Franziska gab Zwiebeln und Knoblauch in die Pfanne, worauf sich sofort ihren einzigartigen Duft verströmten.

Genussvoll atmete er ein, bevor er sich wieder seiner Frau zuwandte. „Was heißt hier ‚Ha!‘?“

„Natürlich bin ich nervös!“ Sie gab geschnittene Zucchini zu den angerösteten Zwiebeln und legte das Schneidbrett klappernd auf der Arbeitsplatte ab. „Ich bin froh, dass meine Hände etwas zu tun haben. Hast du schon nach der Seife im Gästebad geschaut?“

Hatte er nicht. Weil es nicht nötig war. Aber anstatt einen Streit vom Zaun zu brechen, ging er hinüber und überprüfte den Seifenspender. Natürlich war er gefüllt, und in der Glasur des Waschbeckens konnte Karl sich spiegeln. Kein Wunder, schließlich scheuchte Franziska ihn schon seit Tagen durchs Haus, während sie selbst immer neue Plätze fand, die noch dringend einer Reinigung bedurften.

„Du benimmst dich, als bekämen wir Staatsbesuch“, erlaubte er sich einzuwenden, als er zurück in die Küche kam.

„Ihr Männer habt einfach keine Ahnung, was von einem guten ersten Eindruck auf die zukünftige Schwiegertochter abhängt“, schimpfte Franziska. Sie gab Paprika und Auberginen in die Pfanne und stellte die Flamme auf volle Stärke. Rasch trugen weitere Röstaromen zum Duftpotpourri in der Küche bei.

„Ich denke eher, dass Olivers Freundin sich darüber freut, wenn sie herzlich willkommen geheißen wird, anstatt zu beäugen, ob das Haus auch sauber ist“, brummte er.

„Ha!“, war der einzige Kommentar, den Franziska von sich gab. Sie schob das Blech mit den Kartoffeln in den Ofen und stellte ihn auf 180 Grad.

„Wie kann er erzählen, dass er heiratet, wenn er vorher noch nie ein Wort über dieses Mädchen verloren hat?“, wunderte er sich zum wiederholten Male.

„Er wird schon seine Gründe haben. Sei doch nicht immer so negativ!“

Natürlich. Franziska verteidigte mal wieder ihren Sohnemann, obwohl der wirklich ein bisschen gesprächiger sein könnte, anstatt ihnen bloß eine kurze Mitteilung zu machen.

Er beobachtete, wie Franziska Tomatenmark unter das Gemüse rührte und es mit Salz und Pfeffer würzte. „Mir ist einfach nicht wohl bei dem Gedanken, gleich einer wildfremden jungen Frau gegenüber zu stehen“, erklärte er. „Worüber sollen wir uns denn miteinander unterhalten? Ich kenne ja noch nicht einmal ihren Beruf!“

„Dann frag sie danach!“ Wie immer, wenn sie nervös war, schob sich Franziska die Haare hinter die Ohren.

Während er sich Gedanken darüber machte, was genau er zur Begrüßung sagen könnte, gab seine Frau geschälte Tomaten und frischen Rosmarin in die tiefe Pfanne und stellte die Flamme kleiner. „Fertig, sie können kommen.“

Als wäre Vorsehung im Spiel, klingelte es just in diesem Moment an der Tür. Fahrig wischte sich Franziska die Hände an der Schürze ab, machte aber keinerlei Anstalten, sich von der Stelle zu bewegen.

Jetzt blieb doch wieder alles an ihm hängen. Er ging hinüber in den Flur und öffnete die Tür.

„Hallo, Papa“, rief ihm sein Sohn strahlend entgegen. „Darf ich dir Mika vorstellen?“

Die Begrüßungsworte, die er sich vorher noch sorgfältig zurechtgelegt hatte, blieben ihm mitten im Halse stecken, und es dauerte einen Moment, ehe auch er die Hand ausstreckte.

„Hallo, Mika“, brachte er schließlich doch noch hervor und schüttelte dem jungen Mann die Hand. „Herzlich willkommen.“

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