Dark They Were, And Golden-Eyed – Wo nicht nur Science Fiction zu Hause war

Dark they were

Schon der Name war Programm, die Nachbarschaft legendär. In der Wardour Street im tiefsten Soho Londons lag das Mekka der Sci-Fi- und Comic-Fans, das Dark They Were, And Golden-Eyed. In unmittelbarer Nähe kamen auch Musik-Freaks auf ihre Kosten, denn dort residierte der legendäre Marquee-Club.

Dass der Name dieses weltgrößten Sci-Fi-Book-Shops einer Kurzgeschichte von Ray Bradbury entliehen war, war mir 1978 nicht klar, als ich zum ersten Mal zufällig auf den Laden stieß. Doch schon das Logo auf dem Schaufenster nahm mich gefangen und bis heute hüte ich eine der Papiertüten wie einen Schatz.

Ein Besuch in London wurde stets genutzt für Schallplattenkäufe, aber auch für die Suche nach entlegenen Bücher oder Comics. Schon bei der Planung der Reise und bei der Zusammenstellung des Gepäcks wurde genug Raum gelassen für zu erwartende Schätze. Raum gelassen bedeutete in der Regel: Alles in den Rucksack, dann hast du bei der Rückreise beide Hände frei für Taschen und Tüten.

Im Dark They Were, And Golden-Eyed erwarteten den darbenden Sci-Fi- und Comic-Pilger unzählige Kubikmeter bedruckten Papiers und der Aufenthalt dort stellte uninteressierte Begleiter auf eine sehr harte Probe.

Bei meinem ersten Besuch suchte ich etwas, das mir in Deutschland unerreichbar schien: zwei Bücher, die unter Mitwirkung von Michael Moorcock entstanden waren und auf der Musik der Psychedelic Space-Band Hawkwind beruhten, „The Time Of The Hawklords“ und „Queens Of Deliria“. Dabei war das Interesse mehr der Musik als der Qualität der Bücher geschuldet.

Natürlich wurde ich fündig, galt das Dark They Were, And Golden-Eyed doch tatsächlich als größter Buchladen Europas für Science Fiction und Fantasy. Zusätzlich wanderten stapelweise Comics in meine Rückreisetaschen, vor allem alte Ausgaben, die wieder einige Lücken in der Sammlung füllten. Der Geruch des Ladens, eine Mischung aus Druckerschwärze und altem Papier, hing wie ein betörendes Parfum im Raum und ein wenig davon nahm ich mit meinen Tüten mit nach Hause.

Heute sind die alten Comics verschwunden. Sie wichen vor Jahren für einen recht guten Preis einem Kinderzimmer. Auch das Dark They Were, And Golden-Eyed verschwand, erst von der Wardour Street in den St. Anne’s Court, und 1981 vollkommen. Danach kam in London die Zeit des Forbidden Planet, eine neue Ära, eine neue gute Bezugsquelle für Bücher und Comics. Dennoch blieb das Dark They Were, And Golden-Eyed für mich unerreicht. Schon wegen des Namens.

Doch manchmal krame ich sie hervor, die „Hawklords“ und die „Queens“. Dann blättere ich in ihnen und atme den Geruch des Papiers ein. Und dann stehe ich wieder in der Wardour Street im Dark They Were, And Golden-Eyed. Für einen kurzen Moment nur, aber dennoch …

Herzlichst

Ihr Wolf P. Schneiderheinze

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