Aus allen Richtungen kamen sie nach Bad Mergentheim. Eine fuhr von Hamburg los, einen Zug früher als ursprünglich geplant. Denn, so sagte sich Berit, auf die Bahn kann man sich nicht verlassen. Das war ein Irrtum. Verlässlich schaffte die Bahn es auch mit dem früheren Zug, sämtliche Anschlüsse so zu verpassen, dass Berit zu spät in der Kurstadt an der Tauber ankam. Die „Lesenacht der 42erAutoren“ hatte schon begonnen. Frau Silke und Herr Sören hatten bereits ihren Pater Pius im alten Landratsamt in Balingen, das zu einem neuen Kloster modernisiert werden soll, eine Leiche finden lassen. Vor der nächsten Lesung und zwischen den anderen gab es Musik von Petra und Horst-Dieter: Irische Folklore und ein eigenes Lied von Petra. Anschließend las Horst-Dieter eine Novelle über die gefährlichen Auswirkungen des Glühweinkonsums; ganz nebenbei ging es auch um Joseph Martin Kraus, der aus Miltenberg stammte und im fernen Schweden Karriere machte. Petra las aus ihrem historischen Roman „Im Schatten der Rose“ von den Konflikten, die zwischen den Sachsen und Franken ausgetragen wurden. Im Publikum blieb es erfreulich still. Offensichtlich waren keine Sachsen dort vertreten – Franken aber gab es durchaus. Joan nahm dann die Zuhörer mit auf eine Reise in die Zwanzigerjahre, in der Frauen – man stelle sich vor! – eine Buchhandlung nur für Frauen eröffnen wollten. Nachdem Tom ausgiebig das Publikum fotografiert hatte, griff er zu einem „Landei“, und zwar in Form eines Protagonisten, der zur Kategorie „Arschloch“ gehörte. Irgendwie störte dies das Publikum nicht, denn sie lauschten fasziniert. Als Heike am Schluss ein Kapitel aus ihrem Manuskript „Rabenkinder“ vorlas, hatten alle Tränen in den Augen. Oder zumindest fast.
Da war es aber auch schon zehn Uhr, und alle schielten zur Tür, denn sie wussten, wenn sie da jetzt rauskämen, ginge es wenige Schritte weiter zur nächsten Tür wieder hinein. Nämlich ins „la flamme“ zum Flammkuchenessen. Und zum Quatschen.
Es war lang nach Mitternacht, als wir uns zerstreuten, um vor dem Frühstück noch ein wenig Schlaf zu suchen. Berit fand an ihrem Gasthof den Haus- und Zimmerschlüssel unter der Blumenvase, und damit waren alle versorgt. Ein kleines Grüppchen traf sich dann noch zum Frühstück und Weiterschwätzen im Edelfingerhof. Zum Schluss lagen sich alle weinend in den Armen, um sich zu versichern, solch ein schönes Erlebnis bei nächster Gelegenheit zu wiederholen.
Dass diese Lesung realisiert werden konnte, ist auch der Buchhandlung „Moritz und Lux“ in Bad Mergentheim zu verdanken.
Ihr Horst-Dieter Radke
Ein Gedanke zu „Das Leben ist ein Fest – 42er Autorinnen und Autoren lesen in Bad Mergentheim“
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