Die schreibende Königin

Es war ein Skandal! Der König musste aus diplomatischen Gründen die Hofdame seiner Frau verdammen. Doch die Königin von Rumänien akzeptierte die vorgeschobenen Gründe nicht, pfiff auf die Politik und folgte ihrer Hofdame nach Pegli bei Genua. Vorsorglich erklärte man sie für geistesgestört, damit der Skandal, dass die Königin von Rumänien ihren Mann verlassen hatte, nicht breitgetreten wurde. Über eine solche Krankheit sprach man lieber hinter vorgehaltener Hand, über Renitenz aber, insbesondere diejenige ungehorsamer Weiber, die sich eigenständige Entscheidungen gegen ihren Gatten herausnahmen, da lachte man breit in aller Öffentlichkeit. Gut, dass die Frau Karls I., ehemals Prinz Karl Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen, nicht nur renitent war, sondern auch klug, denn sie versöhnte sich wieder mit ihm, kehrte nach Rumänien zurück, nahm die Rolle als Königin ernst und setzte sich sozial und kulturell für ihr „Reich“ ein.

Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied war eine Enkelin Wilhelms I. von Nassau und die Nichte Adolphs, des Großherzogs von Luxemburg. Sie kam am 29. Dezember 1843 auf Schloss Monrepos bei Neuwied zur Welt und wurde später, wie in diesen Kreisen üblich, von einem Hauslehrer unterrichtet. Schon früh begann sie Gedichte zu schreiben und sich für Musik zu interessieren. Clara Schumann gab ihr Klavierunterricht.

Am Hof in Berlin lernte sie den Offizier Prinz Karl Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen kennen und heiratete ihn im Jahr 1869. Noch im gleichen Jahr ging das junge Paar nach Rumänien. 1871 bekamen sie eine Tochter, die jedoch bereits 1874 starb. Ihrem Schmerz gab Elisabeth Ausdruck in zahlreichen Gedichten. Während des russisch-osmanischen Kriegs (1877–1878) pflegte sie Verwundete, was ihr einige Orden einbrachte. Inzwischen veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Carmen Sylva:

Carmen das Lied und Sylva der Wald.
Von selbst gesungen das Waldlied erschallt.
Und wenn ich nicht am Wald geboren wär’,
Dann säng ich die Lieder schon selbst nicht mehr.
Den Vögeln hab’ ich sie abgelauscht,
Der Wald hat sie mir zugerauscht,
Vom Herzen tät ich den Schlag dazu,
Mich singen der Wald und das Lied dazu!

1881 wurde ihr Mann zum rumänischen König gekrönt und regierte als Karl I. bis zu seinem Tod. Die Königin gründete Krankenhäuser und Schulen und ging in prächtig gestickten rumänischen Trachten, zeigte so ihre Verbundenheit mit Reich und Volk.

Carmen Sylva schrieb neben Gedichten auch Erzählungen, Märchen und Romane, übersetzte aus dem Französischen und Rumänischen und gemeinsam mit ihrer Hofdame Milte Kremnitz (1852–1916), die ebenfalls Schriftstellerin war, auch Trauerspiele und Kinderbücher. Auch mit dem Schriftsteller Bruno Wille (1860–1928) war sie bekannt. Ihre Bücher ließ sie von der deutschen Künstlerin Dora Hitz (1856–1924) prächtig gestalten. Als „schreibende Königin von Rumänien“ war sie in ihrer Zeit populär und wurde gelesen.

Sie starb 1916 und wurde in Rumänien begraben. Straßen, die ihren Namen trugen, sind längst umbenannt, und auch der kleine Kurort am Schwarzen Meer, Eforie Sud, der in den 1920ern nach ihrem Schriftstellerpseudonym Carmen Sylva benannt wurde, heißt längst nicht mehr so. Man kann dort heute noch in Schlamm baden und sich gegen Rheuma behandeln lassen, doch die alten Villen haben längst den Glanz des alten Seebads verloren. Auch Carmen Sylvas Bücher wurden vergessen. Inzwischen gibt es jedoch wieder einige Veröffentlichungen ihrer Texte, und auch eine Biografie ist erschienen. Somit steht es um ihr Werk und ihr Angedenken besser als um das manch anderer Autorin, die man nach zwei Weltkriegen aus den Augen verloren hat.

  • Gedanken einer Königin. Ausgewählte Aphorismen der Königin Elisabeth von Rumänien, Stuttgart 2012, ISBN 978-3838203751
  • Gabriel Badea-Paun: Carmen Sylva. Königin Elisabeth von Rumänien – eine rheinische Prinzessin auf Rumäniens Thron, Stuttgart 2011, ISBN 978-3838202457

Ihr

Horst-Dieter Radke

Foto: Prinzessin Elisabeth zu Wied um 1890, spätere Königin von Rumänien (Bildquelle: Wikicommons)

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