Dorrit liest: Henning Mankell – Die rote Antilope

Wie meine geschätzte Blogkollegin Kristin habe ich gerade Mankell gelesen. Allerdings sozusagen den entgegengesetzten Mankell, nämlich eines seiner späteren Bücher. In denen widmete er sich oft Afrika, schließlich lebte er viele Jahre außer in Schweden auch in Maputo, der Hauptstadt Mosambiks. Das vermutlich bekannteste seiner Afrika-Bücher ist der Chronist der Winde, in dem er den Straßenkindern einer afrikanischen Stadt eine Stimme gibt. Eine Stimme, die auch in anderen Teilen der Welt gehört wird, weil Mankell sie eingefangen und geschrieben hat.

Auch in Die rote Antilope lässt er ein Kind sprechen. Daniel, der gar nicht Daniel heißt. Doch das fällt dem Leser erst ganz am Ende auf, wenn einmal sein richtiger Name genannt wird. Daniel wird um 1865 in der Kalahari-Wüste geboren. Bei einem Überfall weißer Männer verliert er seine Eltern und schlägt sich fortan allein durch. Bis er von Hans Bengler, einem ziemlich erfolglosen Insektenforscher, gefunden und mitgenommen wird. Der Schwede Hans Bengler ist in Afrika auf der Suche nach unentdeckten Insekten, denen er seinen Namen geben kann. Aber das ist ein schwieriges Unterfangen, und so ist es ihm recht, dass er stattdessen ein schwarzes Kind mit nach Schweden nehmen und ihm einen Namen geben kann. Statt über Insekten hält er jetzt Vorträge über Afrika und erzählt abenteuerliche und unwahre Geschichten darüber, wie er Daniel vor einem Löwen gerettet hat.

Die ersten etwa hundert Seiten des Buches handeln von Hans Bengler, die restlichen zweihundertsiebzig Seiten gehören Daniel, für den in Schweden ein völlig neues Leben beginnt. Er muss Hans Bengler Vater nennen, er muss Schuhe tragen, sich an Winter und Schnee gewöhnen. Er soll an Gott glauben und sich benehmen, obwohl er oft nicht weiß, was damit gemeint ist. Er wird von Hans Bengler zur Schau gestellt, der so den Lebensunterhalt für sie beide verdient. Und als irgendwann etwas schiefgeht, lässt Bengler den Jungen bei einer Bauernfamilie zurück. Daniel erträgt das alles nur, weil er davon träumt, eines Tages nach Hause zurückzukehren und eine Felsmalerei zu vollenden, die sein Vater einst begonnen hatte: die rote Antilope. Er weiß, dass er über das Meer zurückkehren muss, und will lernen, auf dem Wasser zu gehen. Was nichts mit Jesus zu tun hat, sondern damit, dass für ihn Wasser so etwas wie Sand ist, über den er schließlich auch laufen kann.

Ob ihm die Rückkehr nach Hause gelingt, sei an dieser Stelle nicht verraten. Lesen Sie doch einfach mal wieder Mankell.

Ihre Dorrit Bartel

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