Franzerls Schabe oder Schreibwettbewerb: Buchjournal

Als ich in den frühen Nullerjahren in die Oberstufe ging, gab es einen ziemlichen Skandal, größer noch als damals, wie die Geschichte mit dem Lehrer für katholische Religion und dem Mittelstüfler bekannt wurde. Folgendes hatte sich zugetragen:
Einer meiner Klassenkameraden war nicht zum Leistungskurs Deutsch erschienen. Das für sich genommen war noch kein Skandal, gerade bei besagtem Schüler kam dies öfters vor. Der besagte war nämlich sehr hübsch, besaß neben blauschwarzen Locken auch die feuchtschimmernden Augen eines Doktor Shiwago und wirklich sehr lange Beine. Diese Attribute verhalfen ihm zu einem gleichermaßen abwechslungsreichen wie aufsehenerregendem Nachtleben. Man erzählte sich die wildesten Sachen, da sein nicht minder hübscher Vater bei der Kripo war, spielten meist Polizeihandschellen eine große Rolle, aber auch ein Stelldichein mit der Referendarin für Sport wurde kolportiert. Gleichfalls unvergessen die Szene auf dem jährlichen Weihnachtsball, als sich die Brutschin Zwillinge wegen ihm auf der Tanzfläche gegenseitig die Lockenstablocken lang zogen.
Es nimmt einen also nicht Wunder, dass es einem solchermaßen ausgelasteten Oberstüfler mitunter verunmöglicht war, montags zur ersten Stunde den Leistungskurs Deutsch zu besuchen. Zumal man dort schon seit Monaten Kafkas Verwandlung durchkaute, von uns nur noch despektierlich ‚Franzerls Schabe‘ genannt.
Der Skandal war ein ganz anderer: Im Entschuldigungsheftchen, da wo ich bei männlichen Lehrern immer ‚heftige Frauenleiden‘ eintrug, um so besorgten Nachfragen zu entgehen, in eben jene Spalte hatte der Gregor Samsa des Abiturjahrgangs 2003 geschrieben: „Ich wachte auf und war ein Käfer. Diese Verwandlung hinderte mich empfindlich am Besuch der ersten beiden Stunden. Ich bitte Sie, mein Fehlen zu entschuldigen.“

Und nach dieser etwas ausgeuferten Einleitung sind wir auch schon beim eigentlichen Thema: Verwandlung nämlich.
Um Kurzgeschichteneinreichungen rund um diese Thematik bittet das Buchjournal bei seiner diesjährigen Ausschreibung, neben einer Veröffentlichung in der Oktoberausgabe darf der Gewinner am Schreibseminar der Bastei-Lübbe-Academy teilnehmen.

Noch bis zum 31.05. ist Zeit.

Wir wünschen viel Spaß dabei, ein leeres Blatt in ein volles zu verwandeln und drücken ganz fest die Daumen.

Joan Weng und das Blogteam

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