Nina George bekam 2015 die »Goldene Auguste«, den Krimipreis der »Mörderischen Schwestern«. Seit 2009 wird dieser Preis alle drei Jahre verliehen. Im Gegensatz zum »Glauser«-Krimipreis ist nicht sofort klar, wie es zu diesem Namen kam. Auguste ist, zumindest heute, kein gängiger Frauenname mehr.
Namensgeberin ist Auguste Groner (*1850 – +1929), eine österreichische Schriftstellerin, die auch unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte (u. a. Olaf Björnson, A. von der Paura). Sie war zu ihrer Zeit sehr populär, doch wer kennt sie heute noch? Interessanterweise ist sie in den angelsächsischen Ländern weniger aus der Erinnerung geraten als in den deutschsprachigen Ländern. Ulrike Rahmatian schreibt in einer Web-Biografie:
Auguste Groner war auf dem Höhepunkt Ihrer Schriftstellerkarriere populärer als Sir Arthur Conan Doyle, geriet später jedoch vollkommen in Vergessenheit. Heute erfreut sie sich einer Renaissance in einschlägigen Lesezirkeln, ist aber immer noch ein Insidertip. Sie verband literarischen Erfolg mit pädagogischem, sozialem und feministischem Engagement.
Geboren wurde sie in Wien als Auguste Kopallik. Sie erhielt eine gründliche Ausbildung – nicht unbedingt üblich für Frauen dieser Zeit – unternahm einige Reisen und arbeitete von 1876 bis 1905 als Lehrerin. 1879 heiratete sie den Journalisten und Zeitungsverleger Richard Groner, der ihr die ersten Veröffentlichungen ermöglichte. Sie schrieb quer durch alle Genres: historische, phantastische Novellen und Romane, Abenteuergeschichten, Heimat- und Kriminalromane sowie Gruselgeschichten. Für die Gründung einer Jugendzeitung und -bibliothek wurde sie mit einer kaiserlichen Medaille ausgezeichnet.
Was sie besonders interessant macht, ist Joseph Müller. Mit ihm erschuf Auguste Groner den ersten Seriendetektiv der deutschen Kriminalliteratur. Ähnlich wie Sherlock Holmes ist Müller eher introvertiert, dabei aber emphatischer und auch an den sozialen Verhältnissen interessiert, die zu Verbrechen führen. Ihr großer Bekanntheitsgrad rief auch Kritiker auf den Plan, die ihr rieten, von solchen Stoffen als Dame die Finger zu lassen. Männer aus hartem Holz könnten nicht am heimischen Herd erfunden werden, hieß es. Groner ließ sich davon nicht beirren. Ihre Werke wurden übersetzt. In den USA wurde aus Joseph Müller ›Joe Miller‹ und auch Hollywood wurde auf sie aufmerksam und ließ sie zwei Drehbücher schreiben. Auf der Weltausstellung in Chicago 1893 wurde sie für ihr Werk geehrt.
Bücher von Auguste Groner findet man nicht in jedem Buchladen. Trotzdem ist ihr Werk in Teilen noch greifbar. Einiges ist im Projekt Gutenberg verfügbar (offenbar ist dies auch die Quelle für diverse E-Book-Veröffentlichungen). Antiquarisch ist das Buch »Der Brief aus dem Jenseits – Kriminalnovellen«, erschienen 1990, im Verlag Das Neue Berlin noch gut zu bekommen.
Der kleine Verlag Lindenstruth hat bereits vier Bücher mit Erzählungen von Groner verlegt. Ein Buch mit Joseph Müller-Geschichten ist leider schon vergriffen. Die Bücher erscheinen dort Leinengebunden und in schöner Aufmachung, aber in Kleinauflagen. Wer sich für die unheimlichen Erzählungen Groners interessiert, wird im Buch »Der Unsichtbare« fündig.
Auguste Groners Kriminalgeschichten verdienen es durchaus, auch heute noch gelesen zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass der Plan des Lindenstruth-Verlages, weitere Bücher Groners herauszubringen, aufrechterhalten wird.
Ihr Horst-Dieter Radke