„Ich glaube nicht an Trends, ich glaube an gute Bücher.“

Timothy Sonderhüsken (c) Peter von Felbert

Ein Gespräch mit Timothy Sonderhüsken, Programmleiter bei dotbooks

Es fragte Joan Weng, Bildrechte bei Peter von Felbert.

Im Juli 2012 ging dotbooks als einer der ersten reinen e-book-Verlage mit 37 Titeln online. Man schrieb sich auf die Fahne, nicht alles zu veröffentlichen, aber jedem Manuskript eine Chance zu geben. Inzwischen hat dotbooks ein elfköpfiges, sehr junges Team und ist als einer der renommiertesten e-book-Verlage nicht mehr aus der Bücherwelt fortzudenken.

„Sie haben gerade ihren dreijährigen Geburtstag gefeiert. Dazu erst einmal ganz herzlichen Glückwunsch! Ich als schlichter e-book-Konsument würde sagen, das waren drei sehr gute Jahre für Sie. Haben Sie am Anfang mit einem so durchschlagenden Erfolg gerechnet?“

„Natürlich haben unsere Verlegerin Beate Kuckertz und ich mit einem Erfolg gerechnet – dass er sich so schnell einstellt, macht uns sehr stolz. Die letzten 36 Monate waren natürlich nicht nur rosig; es ist harte Arbeit, einen neuen Verlag aufzubauen, und wir haben auch Fehler gemacht. Das Sachbuchgenre tut sich schwer im eBook-Sektor. Unsere Lyrik-Edition war … nun sagen wir es so: nicht unser größter Erfolg. Und auch Experimente jenseits des Mainstreams, wie zum Beispiel die Anthologie zum Putlitzer-Preis 2013, die wir gemeinsam mit den 42er Autoren realisiert haben, war zwar ein Herzensprojekt, aber keins, das mit überzeugenden Verkaufszahlen belohnt wurde. Gleichzeitig haben uns diese Erfahrungen stärker gemacht. Dazu kommt, dass wir einerseits bekannte Autorinnen für unser Programm gewinnen konnten – Hera Lind und Sandra Henke, um nur zwei zu nennen –, und das richtige Händchen bei der Auswahl neuer Talente haben. Autoren wie Anna Valenti, Sebastian Niedlich und Turhan Boydak werden heute im Handel ganz selbstverständlich auf einer Stufe gesehen mit Iny Lorentz, David Safier und Sebastian Fitzek. So kann das bitte sehr gerne weitergehen  …“

„Ich stelle es mir grundsätzlich erst einmal schwierig vor, den Leser/ Käufer überhaupt zu erreichen – Ihre Bücher liegen ja nicht in ansprechenden Pyramiden im Schaufenster bei thaila. Wie gelingt es Ihnen, trotzdem eine so breite Leserschicht für Ihre Bücher zu erreichen?“

„Wir haben auch in diesem Bereich viel gelernt. Die wichtigste Erkenntnis: Der eBook-Markt funktioniert in vielerlei Hinsicht anders als der für gedruckte Bücher. Deswegen kann man sich nicht auf dem ausruhen, was man zu wissen glaubt – Beate Kuckertz und ich bringen es gemeinsam ja auf 50 Jahre Berufserfahrung –, sondern man muss kreativ neue Wege gehen. Es gibt keinen Buchstapel? Dann erfinden wir für unsere Handelspartner den virtuellen Buchstapel beziehungsweise die Entsprechung dazu. Wir sind außerdem flexibel in der Preisgestaltung, lieben Blogger und Buchcommunitys und suchen immer nach neuen Möglichkeiten, um auf unsere Autoren aufmerksam zu machen, wie zum Beispiel unsere Zusammenarbeit mit den Zeitschriften freundin und Séparée oder auch Focus Online. Social Media spielt natürlich auch eine wichtige Rolle – weswegen wir nicht nur mit facebook aktiv sind, sondern auch bei Twitter, bei Instagram und mit einem Blog. Alle Kanäle werden von verschiedenen Kollegen betreut, sodass wir unsere Autoren nicht nur auf verschiedenen Plattformen, sondern auch mit unterschiedlichen Stimmen und Tonarten vorstellen können.”

Ihre Verlagswebsite bietet sehr komfortabel die Möglichkeit sich als Autor direkt bei Ihnen zu bewerben . Wie gut stehen denn die Chancen, als unbekannter Neuautor unterzukommen?“

„In der Tendenz deutlich besser, als wenn man sich als Autor bei einem klassischen Printverlag bewirbt. Dort sind die ‚Unverlangten‘ oft ungeliebte Pflicht, die nur dann wahrgenommen wird, wenn sämtliche in- und ausländischen Agenturen abgegrast sind. Bei dotbooks besprechen wir jede Woche in unserer Lektoratsrunde die Projekte, die uns über die Website erreicht haben. Allerdings, und das muss leider gesagt werden, bekommen wir auch viele Angebote, die einfach nicht in Frage kommen: zu spezielle Themen, zu unkommerzielle Geschichten. Und wenn ein Autor schon bei der Bewerbung zeigt, dass er die Regeln der deutschen Rechtschreibung nicht einmal im Ansatz beherrscht, ist das bei uns – wie bei jedem anderen Verlag – ein Ausschlusskriterium.“

„Wie lange muss man denn so generell auf eine Rückmeldung von Ihnen warten?“

„Wir bemühen uns, jede Woche die neuen Angebote zu besprechen und dem Autor entsprechend eine zeitnahe erste Rückmeldung zu geben. Das Prüfen eines Manuskripts kann bei uns aber genauso lange dauern wie bei den großen Publikumsverlagen, weil wir ein sehr kleines Team sind mit einem sehr umfangreichen Programm.“

„Für unsere Leser ist es immer interessant zu wissen, ob Sie aktuell zu irgendeinem Thema besonders suchen. Mit welchem Genre hat man denn die besten Chancen?“

„Ich sage das seit vielen Jahren und stehe weiterhin dazu: Ich glaube nicht an Trends, ich glaube an gute Bücher. Nehmen wir als Beispiel historische Romane. Das ist ein Genre, das im gedruckten Buch gerade schwächelt, weswegen es von den Verlagen nur noch stiefmütterlich behandelt wird. Wir nehmen weiterhin jeden historischen Roman ins Programm, der uns überzeugt, und fahren damit sehr gut.

Für einen kommerziell ausgerichteten Verlag wie dotbooks ist es vor allem wichtig, dass uns Romane angeboten werden, die eine breite Zielgruppe ansprechen können – und dann ist es egal, ob es ein Thriller ist, eine Liebesgeschichte oder ein Fantasyroman.

Aber manchmal sind es eben auch die Projekte, die man nicht sofort einordnen kann, die uns begeistern. Ein gutes Beispiel ist Thea Fink, die uns über unsere Website ‚Ohne Orgasmus wäre ich nie gekommen‘ angeboten hat. Rotzfrech erzählte Glossen, die teilweise ganz schön provozieren und noch dazu einen intelligenten Kern haben? Das lässt sich eigentlich nur schwer verkaufen. Aber von dem Moment an, als ich in der Lektoratsrunde einen dieser Texte vorgelesen habe, war uns allen klar: Das wollen wir unbedingt veröffentlichen.“

„Sie arbeiten ja auch mit Agenturen zusammen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Zusammenarbeit mit Autoren, die bereits einen Agenten haben, etwas leichter ist – schon allein, weil diese Autoren meistens schon mehr Erfahrung besitzen?“

„Ich arbeite sehr gerne mit Agenten zusammen, weil ich weiß, dass sie in der Regel schon eine Vorauswahl getroffen haben und mir Stoffe anbieten, die einen gewissen Qualitätsstandard haben. Aber letztendlich kommt es auf den Autor an – ich arbeite mit einigen zusammen, die keinen Agenten haben und ein Traum für mich sind, es gab aber auch schon solche, die bei renommierten Agenturen waren und das genaue Gegenteil darstellten.

Wenn Ihre Frage dahin geht, ob ich unbekannten Autoren raten würde, sich einen Agenten zu suchen: Ja. Selbst, wenn sie keinen finden, können sie aus den Absagen im Idealfall etwas für sich lernen: War der Pitch nicht überzeugend genug, ist man mit der Geschichte eventuell auf dem Holzweg, und so weiter.“

„Eine Frage zum Abschluss, welche Ihrer Neuerscheinungen können Sie denn im Moment ganz besonders empfehlen?“

„Das sind die Fragen, die ich eigentlich gar nicht mag – denn als Vollblutprogrammmacher schlägt mein Herz für eine Vielzahl von Autoren und nicht nur für meine eigenen, sondern die des gesamten Teams. Also, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Ich freue mich sehr, dass Hera Linds neuer Roman ‚Drei Männer und kein Halleluja‘ erstmals und exklusiv bei dotbooks erscheint. Herrlich amüsiert habe ich mich außerdem über ‚Mops Maple‘ von Christiane Martini. Nachhaltig berührt hat mich Jannis Becker mit ‚Der Flug des Schillerfalters‘ – übrigens auch ein Buch, das eigentlich in kein Genre passt, das wir aber unbedingt veröffentlichen wollten. Und im Juli erscheint dann das Debüt der bereits erwähnten Thea Fink, ‚Ohne Orgasmus wäre ich nie gekommen‘. Das ist tatsächlich mein ganz persönlicher Lesetipp.“

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin so viel Erfolg!“

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