„Ich wünsche mir einen sechswöchigen Schreibrausch!“

Maria Maier

Ein Gespräch mit Maria Maier, der diesjährigen Aufenthaltsstipendiatin in Putlitz.

Das Interview führte Joan Weng, die Bildrechte liegen bei Annika Hellmuth.

Maria Maier, Jahrgang 1983, studierte in Berlin Neuere deutsche Literatur sowie Geschichte. Neben ihrer Tätigkeit als Musikerin, arbeitet sie seit 2010 als freiberufliche Dramaturgin und verfasst literarische Texte. In Prosa und für das Theater.

2015 erhielt sie unser Aufenthaltsstipendium in Putlitz.

Maria, warum ausgerechnet ‚42 Tage Putlitz‘? Was reizt dich speziell am Schreiben in der Einsamkeit?

Ich glaube, es wird meinem Romanmanuskript sehr gut tun, dass ich in Putlitz einen Platz habe, der ausschließlich für die Arbeit am Text da ist. Ich stelle mir vor, dass sich in einer stillen, grünen Umgebung, in der ich keine andere Aufgabe habe, als zu schreiben, eine vollkommen andere Schaffensdynamik entwickelt als in der Großstadt, die zwar sehr viel kreativen Input gibt, wo man aber immer auch abgelenkt wird.

Das Manuskript, mit dem du dich beworben hast, zeugt von einer großen Freude an der Sprache und am Erzählen. Wir hatten kürzlich im Blog eine Serie zu Ideenfindung. Wie findest du denn deine?

Wie ich Ideen finde, kann ich schwer sagen. Ich habe eher das Gefühl, die Ideen kommen irgendwann von selbst, wenn ich mich intensiv mit einem Thema beschäftige. Ein Dauerbrenner bei mir ist, zum Beispiel, die gesellschaftlich erzeugte Ungleichheit. Konkrete Figuren oder ein Plot, wie in meinem Roman etwa die Geschichte Paulines, eine junge Frau, die vor lauter Arbeit schier untergeht, ohne dieses verschlingende System zu hinterfragen, entstehen dann dadurch, dass sich meine alltäglichen Beobachtungen oder Erlebnisse auf ihre Weise mit dem Thema verbinden. Als sehr inspirierend habe ich immer die Probenarbeit am Theater empfunden, weil dort viele energetische, kreative Menschen zusammentreffen, die, wenn es gut läuft, ihren Impulsen freien Lauf lassen. Dieser lebendige Austausch ist etwas, das man gar nicht hoch genug schätzen kann.

Welches sind deine persönlichen Lieblingsautoren? Und welche Autoren haben dich, deiner Meinung nach am meisten geprägt?

Wenn ich zwei Lieblingsautoren aussuchen müsste, wären es wahrscheinlich Büchner und Kafka. Bei den dramatischen Texten, habe ich gemerkt, dass ich, vor allem wegen ihres Umgangs mit Sprache, besonders gern österreichische und russische Schriftstellerinnen und Schriftsteller mag: Elfriede Jelinek, Werner Schwab, Anton Tschechow, Maxim Gorki und auch neuere wie Iwan Wyrypajew. Ich merke aber schon, wenn ich anfange aufzuzählen, dass sich in meinem Kopf noch etliche weitere Autorinnen und Autoren herumtummeln, die mir wichtig sind: Brecht hat bei mir immer eine große Rolle gespielt, Shakespeare, Dostojewski, J. M. R. Lenz, Heiner Müller, … und jetzt kürzlich haben mich die Werke von Marlene Streeruwitz und Angelika Klüssendorf sehr beeindruckt. Wie diese Autorinnen und Autoren in meinem eigenen Schreiben vorkommen, kann ich nicht genau sagen, aber ich merke, dass ihre Texte auf irgendeine Art mit dabei sind, wenn ich am Schreibtisch sitze.

Du schreibst ja sowohl Prosa als auch Texte für das Theater. Worin liegt der Unterschied, wie kann man sich die unterschiedlichen Arbeitsweisen vorstellen?

Beim Schreiben von Theatertexten habe ich gelernt, den spielerischen Freiraum für die Schauspielerinnen und Schauspieler mitzudenken. Bei meinem ersten Stück „Hagebutte“ ist mir das noch nicht so ganz gelungen. Das habe ich in der Praxis gemerkt, als ich den Text mit einem gemischten Schauspiel- / Musik-Ensemble als szenisch-musikalische Lesung realisiert habe. Während der Proben habe ich noch ziemlich viel Text rausgeschmissen, weil da einiges drin war, was man darstellerisch oder musikalisch stärker kommunizieren konnte als über Worte. Bei meinem zweiten Stück „Megalomania“, eine Art Märchengroteske, war ich da schon viel freier und habe Platz gelassen für alles, was das Theater selbst mitbringt. Im Gegensatz zu einem Text, der für die Bühne gedacht ist, muss das Geschriebene in einem Prosatext vollkommen im Kopf der Lesenden plastisch werden können. Stimmungen, Räume, Situationen – alles wird durch die Sprache und ihre Rezeption erschaffen. Nicht, dass Prosa deshalb immer ausschweifend sein muss und ein Theaterstück knapp –, es gibt ja unzählige Arten, wie sich das gestalten lässt, aber generell hat das szenische Schreiben für mich etwas mit Zuspitzen und Springen zu tun, wohingegen das Schreiben von Prosa eher etwas von Verweben und Fortspinnen hat. Deshalb kann ich an einem Prosatext oft länger schreiben als an einem dramatischen Text. Ein Theaterstück entsteht bei mir eher durch viele eruptive Momente.

Und zum Schluss: Was wünschst du dir bzw. erhoffst du dir von der nun kommenden Zeit in Putlitz?

Ich wünsche mir einen sechswöchigen Schreibrausch!

Vielen, vielen Dank für das Gespräch und einen wunderbaren Aufenthalt!

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