Innehalten – Autoren und Weihnachten

Sternambaum

 

Weihnachten macht mich jedes Jahr ratlos. Ich sollte mich wohl darauf freuen, Zeit mit meiner Familie zu verbringen, ich sollte tonnenweise Geschenke kaufen, Schokolade und Plätzchen vertilgen, als gäb‘s morgen keine mehr. Ich sollte kleine Holzengelchen aufhängen und ich sollte mich irgendwie so langsam mal besinnen. Laut Deutschem Wortschatz der Uni Leipzig gehört dazu so etwas wie innehalten. Genau das habe ich dann auch gemacht, und dabei festgestellt, dass ich einfach keine Lust habe, mit der ganzen Familie gemeinsam zu essen, wir sehen uns oft genug. Schokolade und Plätzchen esse ich sowieso das ganze Jahr hindurch und wenn ich an kleine Holzengelchen auch nur denke, kriege ich sofort Migräne. Ich bin ein Weihnachtsverweigerer.

Das war nicht immer so. Als Kind habe ich Weihnachten geliebt. Es gab nichts Schöneres, als an Heiligabend mit meinen drei Geschwistern erwartungsvoll auf der Fensterbank zu sitzen und darauf zu hoffen, das Christkind über die Straße laufen zu sehen. Wir saßen im Warmen, direkt an der Heizung, und fragten uns, ob das Christkind denn nicht frieren würde, so mitten im Winter und die ganze Zeit draußen unterwegs, um allen Menschen ihre Geschenke zu bringen. Wir wunderten uns, dass es die vielen tausend Geschenke alleine transportieren konnte. Wie das Christkind aussieht, wussten wir nicht, aber wir waren sicher, es zu erkennen, wenn es in unserer Straße auftauchen würde.

Während wir wartend nach draußen schauten, bereiteten meine Eltern das Wohnzimmer vor, legten die Geschenke unter den geschmückten Baum, stellten für jeden von uns Kindern einen Teller mit Süßigkeiten (und der obligatorischen, großen Orange) hin und spielten die einzige vorhandene Weihnachts-LP ab. Wenn alles vorbereitet war, durften wir endlich ins Wohnzimmer, das erfüllt war von Kerzenschein, glitzernder Weihnachtsdeko und dem Geruch frisch geschnittener Tannenzweige. Die friedliche Stimmung war mit Händen zu greifen.

Heute, rund 25 Jahre später, ist Weihnachten kein Familienfest mehr für mich. Meine Vorstellung eines gelungenen Abends ist nicht mehr dieselbe wie im Alter von zehn Jahren. Und ich denke, das ist auch ok so. Mit der Kirche habe ich nichts mehr zu tun (siehe Holzengelchen), meine Familie kann ich zu beinahe jedem Zeitpunkt des Jahres besuchen und wir können diesen sogar selbst bestimmen, das ist einfach ungemein viel praktischer. Dem Geschenkezwang verweigere ich mich mittlerweile nahezu völlig, was Weihnachten für mich enorm entspannt hat.

Was bleibt also noch übrig? Die Tage von Heiligabend bis Neujahr kann jeder so verbringen, wie er möchte. Und genau das mache ich.

Ich werde die Feiertage mit meiner Frau verbringen, was irgendwie nahe liegt, schließlich teile ich mein ganzes Leben mit ihr, aus freien Stücken. Wir werden wunderschöne Tage haben, denn diese Zeit gehört uns ganz alleine und das werden wir genießen. Wir werden ausgiebig kochen und essen, Spaziergänge machen, halbe Tage auf der Couch verbummeln, Musik hören, lesen und im Großen und Ganzen auf alles verzichten, was uns keine Freude macht. Am 24.12. werden wir „A Christmas Carol“ auf DVD schauen, wie jedes Jahr, denn wir  lieben den Film einfach. Währenddessen werde ich mindestens eine Tonne „Weihnachtskringel“ vernichten, davon kaufe ich immer einen ordentlichen Vorrat, sobald sie zu haben sind.

Das einzige Geschenk, das ich dieses Jahr gekauft habe, ist für meine Frau. Sie erwartet das nicht, wir schenken uns nichts, aber es ist ja kein Geheimnis, dass Frauen Geschenke lieben. Sie wird strahlen und darauf freue ich mich schon jetzt. Genau deswegen mag ich Weihnachten irgendwie doch ein ganz kleines bisschen. Aber nur ein ganz kleines. In diesem Sinne, frohe Weihnachten!

Ihr Christoph Junghölter

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