Joan hört gerade: „Der Hobbit“ – von J.R.R. Tolkien, gelesen von Gert Heidenreich

In den achtziger Jahren fuhr meine Familie im Sommer oft mit dem Auto nach Südfrankreich. Es war ein roter Volkswagen, ein schon damals betagtes Modell mit plüschigen Sitzen und Kurbelfenstern, ohne Radio und ohne Gurte auf der Rückbank. Spätestens ab Lyon stritten meine Eltern, weil meine Mutter die Karte nicht richtig las (sagte mein Vater), weil mein Vater falsch fuhr (sagte meine Mutter).

Wir Kinder saßen eng gepresst zu dritt hinten, Taschen, Bettzeug und einen nach überreifem Obst riechenden Vesperkorb auf dem Schoß, schwitzten, und wenn wir die Langeweile gar nicht mehr aushielten, dann sangen wir: „Kiss me, quick“, „Nach menen Benen is ja janz Berlin verrückt“, „Die Männer sind alle Verbrecher“  und was uns sonst so einfiel. Wir sangen sehr laut und falsch und mit viel Überzeugung.

Obwohl ich gerne an diese Fahrten denke, bin ich froh, dass wir heute auf langen Fahrten mit Kindern die Möglichkeit haben, uns Hörbücher vorlesen zu lassen. Besonders seit zumindest mein Ältester in ein literarisch interessantes Alter kommt – verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag Ottfried Preußlers Hotzenplotz. Aber kleines Gespenst hin, Jim Knopf her, so richtig spannend wird es eben erst ab fünf, sechs Jahren, ab dem Hobbit! Und diesen Urlaub war es soweit, wir haben Tolkiens „Der Hobbit“ gehört.

Ich persönlich habe diese putzige kleine Abenteuergeschichte dem in seinem Pathos doch immer wieder fast lächerlichen Herrn der Ringe vorgezogen. Ich liebe den tapferen Bilbo Beutlin, der im Verlauf der Handlung so wundervoll über sich und seine kleine Größe hinauswächst, ein Meisterdieb und fast ein Drachentöter wird.

Gerade für kleine Jungs ist die Geschichte einfach herrlich, Drachen, Schwertkämpfe, Monster und am Ende sogar noch eine Schlacht. Gut und Böse sind klar getrennt und in den meisten Fällen auch auf den ersten Blick erkennbar. Behaglich zittert man, wenn Bilbo mit dem furchtbaren Drachen Smaug parliert und lacht herzlich über den aufgeblasenen Thorin Eichenschild, den ewig futternden Bombur.

Eine heile Welt ist es, die wir da 10 Stunden lang genießen dürfen, da ändern auch die beiläufig abgeschlachteten Spinnen nichts. Gert Heidenreich ist in Bestform und schafft es, tatsächlich alle 14 Reisegefährten mit unterscheidbaren Stimmen auszustatten. Ein herrliches Buch, herrlich gelesen und als wir bei Lyon waren, da sang mein Sohn das Spottlied auf die Spinnen mit. Sehr laut, sehr falsch und mit Überzeugung.

Ihre
Joan Weng

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