Joan liest: Fanny Morweiser – Lalu Lalula, arme kleine Ophelia

Halloween konnte ich früher nie leiden – allein der Gedanke daran, den 31. Oktober dem Gruppenzwang gehorchend in der örtlichen Großraumdisco verbringen zu müssen, hat mir den kompletten Oktober verdorben. Das Riego kostete dort 5 Mark und 90 Pfennig, was mich derart schockierte, dass ich beim ersten Mal erschrocken ausrief: „Nein, ich wollte doch nur eine Flasche, kein Sixpack!“ Der Spott meiner Klassenkameraden hielt sich bis weit über das Abitur hinaus.

Auf der Tanzfläche wurde natürlich geraucht, und wenn man sich durch kühnen Sprung vor einer glühenden Kippe in Sicherheit brachte, landete man meistens in irgendeiner klebrigen Kunstspinnwebe. Als ich Studentin war, wurde es etwas besser, Freunde gaben an diesem Datum ein alljährliches, sehr schönes Gruselfest. Und auch wenn ich die Besuche sehr mochte, habe ich Halloween erst wirklich gern, seit ich Kinder habe. Nicht nur, dass man nach Herzenslust dekorieren und Kürbis schnitzen kann, man darf auch verkleidet um die Häuser ziehen, bekommt freundliches Mitleid und Gummibären, und wenn die Kinder um acht im Bett sind, dann geht der Halloweenspaß endlich, endlich richtig los: mit Gruselbüchern und Kakao!

Ich habe hier bereits ein paar meiner liebsten Titel, wie Das Zimmer im fliegenden Drachen und Mord nach Maß vorgestellt, deshalb möchte ich heute nur auf meinen neusten Schatz hinweisen: Fanny Morweisers Lalu Lalula, arme kleine Ophelia. 

Ein herrlich schauerlicher Roman, der sich selbst als unheimliche Liebesgeschichte deklariert und dieser Beschreibung auch gerecht wird. Ich möchte auf keinen Fall zu viel verraten, denn das Nichtwissen um das, was da auf einen zukommt, macht einen großen Teil des Charmes dieser Erzählung aus. Sprachlich und von der Bauweise her ist sie sehr elegant, atmosphärisch dicht und dabei so bezaubernd herbstlich. Ich könnte noch ewig Lobeshymnen auf diesen kleinen, feinen Roman schreiben, aber ich möchte Ihnen Zeit geben, ihn schnell noch zu bestellen. Wenn Sie Glück haben, kommt er bis Halloween – er ist übrigens auch perfekt vorlesegeeignet!

Ihre Joan Weng

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