Joan liest gerade: Sarah Dunant – Der Palast der Borgia

„Das müssen Sie lesen! Das ist ein richtiger Historienschinken“, riet mir meine Buchhändlerin kürzlich und hielt mir einen ziemlich nichtssagend aufgemachten historischen Roman entgegen. Der Autorenname sagte mir nichts, doch der Klappentext versprach Habgier, Intrigen und Lustfür einen langen Lesenachmittag würde das sicher reichen. Aber jetzt, nachdem ich den Roman ausgelesen habe, muss ich sagen, Dunants Roman auf diese drei, sicher werbewirksamen Schlagwörter zu reduzieren, ist schlich eine Frechheit!

„Der Palast der Borgia“ bietet weit mehr! Wirklich brillante, überraschende Charakterstudien und hervorragend recherchierte Zeitschilderungen, nur als Beispiel.

Allerdings geht Dunants historische Akkuratesse zu Lasten einer sympathischen Identifikationsfigur für den Leser – eine solche gibt es nicht, oder nur in Ansätzen. Dazu kommt eine große Fülle an auftretenden Personen, die für den nicht historisch vorgebildeten Leser ein Problem darstellen können und dem Roman durchwachsene Kritiken beschert haben. Mein persönliches, aus GeoEpoche -Magazinen stammendes Wissen über die Familie Borgia und ihre Widersacher reichte jedoch vollkommen aus, um den Überblick zu bewahren und dennoch interessiert den Ausgang der Intrigen und Kriege zu verfolgen.

Mein Urteil schließt sich deshalb dem meiner Buchhändlerin an: ein sehr, sehr guter, spannend erzählter Roman, dem der Spagat zwischen saftigem Historienschinken und intelligenter Charakterstudie voll gelingt.

Ihre Joan Weng

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