Joan liest gerade: Véronique Olmi – Meeresrand (Familiendrama)

Jede Mutter kennt vermutlich das Gefühl, das eigene Kind vor allem beschützen zu wollen – vor all dem Kummer, all der Sorgen, die in der Welt außerhalb der mütterlichen Umarmung zwangsläufig lauern. Und auch die Protagonistin in Veronique Olmis Novelle „Meeresrand“ bildet da keine Ausnahme. Sie liebt ihre beiden kleinen Söhne, Stan und Kevin. Sie liebt sie wirklich, daran lässt der Roman keinen Zweifel, und obwohl von finanziellen Nöten geplagt, möchte sie ihnen etwas bieten. Ein einziges Mal nur, das Meer, die Kirmes, Lachen. Und wenn das geschafft ist, dann will die namenlos bleibende Protagonistin den letzten, den finalen Schritt gehen, ihre beiden Buben vor dem Leben zu beschützen.

In ihrer schnörkellosen Sprache gelingt es Véronique Olmi, diese furchtbare Geschichte eines doppelten Kindsmordes ohne jeden Anflug von Sensationsgier oder gar Wertung zu erzählen. Die Hintergrundgeschichte der Mutter bleibt ebenso im Dunkel wie die Ereignisse nach dem Mord – nur ein, zweimal werden Hinweise auf eine kranke Psyche gegeben, über Tabletten und Sozialarbeiter. Vom ersten Satz an weiß der Leser, dass die Geschichte kein gutes Ende nimmt. Diese Reise geht in den Tod, und trotzdem liest man gebannt, voll Mitgefühl mit dieser verzweifelten, vollkommen irregeleiteten Mörderin, die doch im Grunde nur will, was jede Mutter will: das Beste für ihre Lieben.

Eine in ihrer Hoffnungslosigkeit bedrückende Novelle, die ich trotz ihrer Brillanz kein zweites Mal lesen würde – einfach aus dem feigen Grund heraus, dass sie mir zu belastend war.

Ihre Joan Weng

PS: Wir machen mit bei der „Lese-Challenge 2018: Reise durch die Genres“ von Gerngelesen.

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