Joan liest vor … nicht nur zu Pfingsten

„Seeräuber Moses“ und „Leinen los, Seeräuber Moses“ von Kirsten Boie

Als Jungsmama tue ich mich im Buchhandel oft schwer: Viele Buchtitel richten sich mehr oder weniger gezielt an Mädchen, oder die Bücher wirken auf mich, als habe im Verlag einer gesagt: „Jungs lesen nicht so gerne, deshalb machen wir ein richtig cooles Cover und eine ganz krass fetzige Geschichte mit kurzen Sätzen und bloß nicht so kompliziert. Und auch nicht so arg dick, denn Jungs lesen nicht so gerne.“

Umso dankbarer bin ich deshalb für die Werke von Kirsten Boie, die bestimmt keinen Geheimtipp der Kinderliteratur darstellt. Da ich persönlich aber das Gefühl habe, dass ihre zweibändige Reihe „Seeräuber Moses“ in der Fülle ihres abwechslungsreichen Oeuvres etwas untergeht, möchte ich die beiden Titel rund um die Mannschaft der süßen Suse hier vorstellen.

Die Geschichten „Seeräuber Moses“ und „Leinen los, Seeräuber Moses!“ haben wirklich alles, was das Herz der Leserschaft ab ungefähr sechs Jahren nur begehren könnte: Piraten (richtig böse), Piraten (nicht ganz so böse), einen blutroten Blutrubin des Verderbens, ein Schiffsgespenst (na ja, fast) und mit Seeräuber Moses einen liebenswerten Helden, der eigentlich ein kleines Frauenzimmer ist. Das wiederum ist wirklich ganz egal oder am Ende dann eben doch nicht, aber ganz anders, als der von mutigen Mädchen übersättigte vorlesende Elternteil sich das vielleicht denkt.

Im Vergleich zu der bei uns gleichfalls sehr beliebten Reihe um „Ritter Trenk“ sind Gut und Böse bei Seeräuber Moses nicht ganz klar getrennt. So kann das Verhalten der Strandräuber schon zu fast philosophischen Diskussionen führen, und auch die Mannschaft der wüsten Walli verdient sich ihren Lebensunterhalt am Ende doch mit der Piraterie. Mir hat vor allem das Schicksal der Ziege Euterclaas gefallen, da hier an einem kindgerechten Beispiel eindringlich gezeigt wird, wie ein vermeintlich kleiner Diebstahl das Leben eines bis dahin unschuldigen Menschen ins Unglück stürzen kann – und seien die Motive für den Raub noch so edel.

Zusammenfassend lässt sich sagen: zwei wundervolle, informative Vorlesebücher*, die neben der Vermittlung von einigem Fachwissen auch auf unaufdringliche Weise zum Nachdenken anregen. Eine ganz klare Vorleseempfehlung.

Joan Weng

* Vorlesebücher? Ja, denn durch die Vielzahl von nautischen Fachbegriffen und auch aufgrund ihrer Dicke halte ich die Romane für Erstleser zum Selbstlesen für wenig geeignet. Hier bestünde eher Frustrationsgefahr.

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