Ein Literaturpreis der Herzen
Gastbeitrag von Ulrike Maier
Vorneweg: Ich habe beim Literaturpreis „Grassauer Deichelbohrer“ nicht den ersten Platz belegt. Und natürlich – es muss eigentlich nicht erwähnt werden – ist der Putlitzer Preis der absolut tollste, größte, gigantischste und wichtigste Preis Deutschlands in der Kategorie Kurzgeschichten. Auf jeden Fall der skurrilste. Okay, genug von uns, es gibt noch andere. Es gibt die Wettbewerbe, die dir einfach nur Bescheid geben, dass du etwas gewonnen hast, das war’s. Es gibt die, da musst du anreisen, damit du überhaupt erfährst, ob du ihn bekommst, meistens ist das nicht so. Und es gibt auch noch die, da interessiert sich kein Schwein für dich – egal, ob Du da bist und egal, ob du gewonnen hast.
Vorneweg: Der Preis mit dem merkwürdigsten Namen ist für mich der Grassauer Deichelbohrer, und verliehen wird er im Chiemgau. Mehr braucht es manchmal nicht, um mich zu motivieren. Da wollte ich hin und mit mir über 500 andere! Als es hieß, ich sei eingeladen, hab ich jubelnd die Badehose eingepackt und bin an den Chiemsee gereist.
Vorneweg: Der Frühsommer 2024 lud nicht zum Baden ein, und die Anfahrt mit der Deutschen Bahn im Streikmodus nach Oberbayern ließ viel von der anfänglichen Euphorie unter die Räder kommen. Dann aber gab es ganz andere Kategorien, die uns sechs Nominierte das Staunen lehrten. In der Villa Sawallisch, einst das Wohnhaus des berühmten Dirigenten Wolfgang Sawallisch, waren wir mit Blick auf das großzügige Parkgelände untergebracht. Ein Ort, an dem sich sonst internationale Musik-Meisterklassen aufhalten. Allein das Badezimmer war größer als unsere Wohnung. Aber ich bin ja auch Autorin und setze da leider keine Maßstäbe. Erhaben das Gebäude über der Stadt. Überall ein Flair von Kultur und Musik.
Vorneweg; Ich bin nicht besonders bewandert in klassischer Musik und kam mir neben dem Hausherrn und Dirigenten Andreas Baumgartner plötzlich ganz klein vor, wollte am liebsten gleich abreisen, damit keiner merkt, dass ich außer Haindling und LaBrassBanda nichts kenne. Aber kaum war das laut ausgesprochen, atmeten alle anderen fünf Nominierten auf. Und dann bestellten die zwei Menschen, die das Herz des Literaturpreises darstellen, die Jugendbuchautorin Christine Paxmann und der Autor und Literaturagent Klaus Bovers, erst einmal Wein beim Hausherrn nach. Damit wir alle mal runterkommen und wieder das Atmen anfangen. Das Herz der Küche wiederum war die Irmi, die uns drei Tage lang von morgens bis abends aufs Köstlichste bewirtete.
Vorneweg: Es war die allergrößte Wertschätzung, die wir sechs jemals im Rahmen einer Preisverleihung erfahren hatten. Christine und Klaus, die guten Seelen dieser Tage, hatten ein umfangreiches Programm vorbereitet: mit Besichtigungen und Wanderung auf dem Höhenweg zu verschiedenen Wasserfällen und mit Museumsbesichtigung über die historische Pipeline für die Salzsohle, von der der Preis seinen Namen hat. Und vor allem waren da unendlich viele Gespräche und Geschichten, Austausch und Späße, Anrührendes und Bewegendes.
Vorneweg: Die Preisverleihung war großartig, aber gar nicht mehr so wichtig. Der Schauspieler Sebastian Fischer, der schon alles bespielt hat, was die deutsche Serienlandschaft hergibt, las unsere Geschichten auf sehr einfühlsame und beeindruckende Weise und verbrachte mit uns den ganzen Abend. Die jugendliche Bläsergruppe begleitete die Veranstaltung, natürlich auf höchstem Niveau, und – das gibt es bei Lesungen auch nicht immer – der Saal war brechend voll! Auch noch als Platz drei bekam ich einen kleinen eingefassten Deichelbohrer.
Ein Preis für die Seele. Leute, nächstes Jahr ist die nächste Ausschreibung!
Beim Putlitzer Preis aber geht’s schneller, die Ausschreibung ist im Spätsommer, und was der Deichelbohrer fürs Herz, ist der Putlitzer fürs Verrücktsein, nicht nur fürs Schreibverrücktsein. Aber genug von uns, hach.
Ihre Ulrike Maier
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