Krimihelden: Treffen mit alten Bekannten

Kürzlich stieß ich in dem Büchertauschladen bei mir um die Ecke auf einen Roman von Patricia Cornwell – „Scarpetta“. Ich kannte das Buch noch nicht, obwohl ich die Romane um die amerikanische Gerichtsmedizinerin vor vielen Jahren gern gelesen habe . Ich nahm das Buch also mit und las es bald darauf. Es war wie die Begegnung mit einer alten Bekannten, die man aus keinem bestimmten Grund irgendwann aus den Augen verloren hat; auf einmal tut es gut zu wissen, dass sie noch lebt. Dass ihre Nichte Lucie – früher ein altkluges und irgendwie verzogenes Gör – inzwischen erwachsen ist und eine Spezialistin für alle Computerbelange. Dass Marino, trotz eines unschönen Zwischenfalls, noch immer an Kays Seite ermittelt und sein Leben sogar gerade mal etwas besser im Griff zu haben scheint. Kay Scarpetta selbst hat inzwischen geheiratet, diesen FBI-Typen Wesley Benton, mit dem sie früher schon immer gearbeitet (und geflirtet? – so genau erinnere ich mich nicht) hat. Ob das wohl gut geht? Vielleicht lohnt es sich ja, später mal wieder vorbeizuschauen. Und der Fall, bei dem ich sie jetzt traf, ist nicht mehr ganz so riesig wie die früheren, wo gern mal ein Flugzeug abstürzte und Kay sämtliche Passagiere identifizierte und ganz nebenbei auch noch herausfand, was geschehen war. Sie ist bescheidener geworden in ihren Fällen und das bekommt ihr und dem Roman ganz gut.

Ähnlich verloren gegangen ist mir Inspektor Lynley von Elisabeth George. Allerdings kann ich in diesem Fall ziemlich genau sagen, wann es passierte: Nach dem Tod seiner Frau Helen. Jahrelang blieb ich immer auf dem Laufenden, was die Beziehung zwischen Lynley und Helen anging und immer fand ich außerdem die unwahrscheinliche Freundschaft zwischen Lynley und seiner Mitarbeiterin Barbara Havers lesenswert. Die Fälle mochte ich auch, vor allem waren sie – im Gegensatz zu jenen um Scarpetta – auch immer psychologisch nachvollziehbar. Trotzdem zog ich mich nach Helens Tod zurück und weiß noch nicht, ob mir eines Tages ein Zufall Neuigkeiten von Lynley und Havers zutragen wird.

Mein derzeitiger Lieblingsermittler ist Benny Griessel, Inspektor der südafrikanischen Polizei in Kapstadt . Bei seinem ersten Auftauchen als Hauptfigur in Deon Meyers Roman „Der Atem des Jägers“ ist Benny verheiratet, hat zwei Kinder und ein Alkoholproblem. Im Laufe der nächsten bislang vier Romane lässt sich seine Frau scheiden, die Kinder werden erwachsen, er wird trocken, erleidet einen Rückfall und trifft eine neue Liebe. Zwischendurch bekommt er – als immer noch bester Ermittler am Kap – Fälle, die seine letzte Chance sind, wenn er seinen Job behalten will. Ich verfolge seine Arbeit auch deshalb interessiert, weil diese immer viel über Südafrika erzählt. Ich fühle mich dann an Gespräche beim Braai – der südafrikanischen Variante des Barbecue – in Kapstadt erinnert.

Übrigens: bei nicht wenigen der hier erwähnten Bücher habe ich die Lösung bereits vergessen. Weil mich die Menschen und das Drumherum mehr interessieren als der Fall selbst. Ich denke, das ist der Grund dafür, dass ich immer mal wieder völlig krimifreie Phasen habe: Kriminalfälle interessieren mich nicht. Aber was das Drumherum angeht, bin ich bei den genannten Werken immer auf meine Kosten gekommen.

Nebensächliche Grüße

Ihre Dorrit Bartel

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