Manchmal muss einfach ein „privates“ Buch her!

Ingrid Haag im Gespräch mit Corinna und Krissi Vester von „Gerngelesen“

„Lesen heißt, durch fremde Hand träumen.“ Der Spruch von Fernando Pessoa steht auf der Titelseite des Blogs der beiden Bücherwürmer Corinna und Krissi, Mutter und Tochter Vester. Zum Träumen lassen wir uns gern einladen, und über die letzten Monate sind wir so etwas wie „Partners in Books“ geworden. Zeit, genauer nachzufragen!

Liebe Corinna, liebe Krissi, wir sind über eure Lese-Challenge „Reise durch die Genres“ auf euch gestoßen und beteiligen uns seit Anfang des Jahres mit großem Spaß daran. Woher hattet ihr diese Idee?

Corinna: Nachdem wir etwa ein Jahr lang Rezensionen auf unserem Blog geschrieben haben, ist uns aufgefallen, dass wir beide vor allem Bücher aus unseren jeweiligen Lieblingsgenres lesen. Das macht zwar Spaß, aber wir wollten auch unseren Horizont erweitern. Dadurch kamen wir auf die Idee, in einem Jahr Bücher aus zwölf verschiedenen Genres zu lesen, für jeden Monat eins. Aber puh, wenn wir gewusst hätten, welche Herausforderungen sich da manchmal stellen, hätten wir vielleicht noch einmal darüber nachgedacht.

Wie seid ihr denn überhaupt zum Bloggen gekommen?

Krissi: Wir haben beide schon immer gern gelesen und uns dazu ausgetauscht. Weil wir seit einigen Jahren ziemlich weit entfernt voneinander wohnen, wollten wir das über den Blog fortführen und auch andere daran teilhaben lassen.

Ihr betreibt euren Blog gemeinsam. Wie teilt ihr euch denn auf? Nach Genres?

Krissi: Wir haben recht unterschiedliche Interessen, was die Genres betrifft. Corinna liest vor allem Krimis und Thriller. Ich lese gerne Fantasy, Science Fiction, aber auch Liebesromane. Eine richtig strenge Aufteilung nach Genres haben wir aber nicht. Jede von uns schreibt über Bücher und Themen, die sie interessieren. Gerade im Rahmen der „Reise durch die Genres“ haben wir auch schon oft etwas ganz Neues für uns entdeckt. Aber es kommt auch durchaus vor, dass wir uns gegenseitig Lesetipps geben („Das musst du dir unbedingt mal anschauen!“). Vielleicht sollten wir das noch mal etwas ausbauen. Wäre doch interessant, so über die Generationen und Interessen hinweg.

Wie oft bloggt ihr, und was sind eure Schwerpunktthemen?

Corinna: Auf Gerngelesen erscheinen etwa ein bis zwei Mal pro Woche neue Beiträge, außer wir haben eine Durststrecke. Wir bloggen viele Rezensionen, wobei wir versuchen, uns etwas abseits des Mainstreams zu bewegen. Dabei freuen wir uns, Neues kennenzulernen, auch ein Grund für unsere Challenge. Darüber hinaus schreiben wir über Themen, die uns als Buchliebhaber bewegen, unter anderem berichten wir gern von großen und kleineren Events.

Was war eure schönste Erfahrung mit dem Bloggen? Und was die dööfste?

Krissi: Eine einzelne Sache kann ich hier gar nicht nennen. Aber ich freue mich jedes Mal, wenn jemand nach meiner Empfehlung auf dem Blog ein Buch liest und dann selber gut findet. Außerdem finde ich es toll, wenn sich Autoren über positive Rezensionen von mir freuen. Insbesondere Selfpublisher und kleinere Verlage unterstütze ich gern durch meinen Blogbeitrag, wenn mir ein Buch gefällt. Eine richtig doofe Erfahrung habe ich zum Glück bisher noch nicht gemacht.

Corinna: Meine schönsten Erlebnisse beim Bloggen sind die Kontakte, die sich daraus entwickeln. Vor Kurzem habe ich wieder Menschen beim Literaturcamp in Heidelberg getroffen, die ich vorher nur über die sozialen Medien kannte. Schön, wenn man dann direkt eine gemeinsame Liebe hat, über die man sprechen kann. Negative Erfahrungen habe ich leider auch machen müssen. So wurde ich bereits ein paar Mal für negative Bewertungen angefeindet. Damit muss man dann erst einmal fertig werden: So in der Öffentlichkeit angegriffen zu werden, ist mir vor meiner Bloggerzeit noch nicht passiert. Aber es stärkt! Ich formuliere meine Meinung nun sehr sorgfältig, vertrete sie dann aber auch deutlich und mit einem guten Gefühl.

Würdet ihr sagen, dass das Bloggen eure Einstellung zu Büchern und zum Lesen verändert hat?

Krissi: Seit ich Rezensionen schreibe, achte ich schon beim Lesen auf viel mehr Details im Buch und schreibe mir das teilweise auch auf. Ich lese also nicht mehr nur zu meiner Unterhaltung, sondern auch, um anderen davon zu berichten. Dadurch habe ich gelernt, Bücher und Geschichten viel stärker zu reflektieren, was wirklich toll ist. Manchmal kann das aber auch ein bisschen anstrengend sein: Wenn ich weiß, dass ich bald einen Beitrag über das Buch schreiben will, beeile ich mich mehr beim Lesen und kann es nicht mehr ganz so genießen wie vorher. Deswegen lese ich auch ab und zu Bücher, die gar nicht auf dem Blog auftauchen, ganz für mich allein.

Corinna: Mir geht es ähnlich. Auch ich lese meistens nicht mehr ganz so locker wie früher, ein Notizbuch liegt zu Hause immer bereit, unterwegs spreche ich auch schon einmal wichtige Gedanken ins Handy. Das macht Spaß, weil ich viel bewusster lese, belastet aber von Zeit zu Zeit auch. Ich mache es da ganz wie Krissi: Manchmal muss einfach ein „privates“ Buch her!

Und was meint ihr, beeinflussen eure Erfahrungen als Bloggerinen euer eigenes Schreiben?

Krissi: Ich schreibe nicht wirklich viel und professionell, aber durch das Bloggen habe ich überhaupt erst damit angefangen. Vorher hätte ich mir das überhaupt nicht zugetraut. Durch den Blog habe ich viele andere Menschen kennengelernt, die auch schreiben, und gemerkt, dass das auch etwas für mich sein könnte. Inzwischen schreibe ich Kurzgeschichten im Bereich Science Fiction.

Corinna: Auf jeden Fall! Neben der Schreiberfahrung, die ich mir aneigne, wenn ich Artikel immer besser gestalten möchte, sind es besonders die vielen Kontakte, die mir so viele neue Einblicke bringen und meine Schreibfertigkeiten hoffentlich immer weiter verbessern.

Welchen Buchtitel würdet ihr unseren Lesern ganz besonders ans Herz legen?

Krissi: Gerade habe ich „Der lange Weg zu einem kleinen, zornigen Planeten“ von Becky Chambers gelesen. Das Buch ist mein Tipp für alle, die das Science-Fiction-Genre ein bisschen kennenlernen wollen. Die Geschichte wird liebevoll erzählt, hat jede Menge schräge Charaktere und einige spannende Elemente.

Corinna: Ein Buch muss für mich vor allem eins sein: fesselnd! Dabei liebe ich besonders außergewöhnliche Protagonisten. Deshalb möchte ich euch eine Thriller-Reihe von Andreas Pflüger ans Herz legen. Seine beiden Bücher „Endgültig“ und „Niemals“ sind nicht nur wahre Pageturner, sondern geben auch sehr interessante Einblicke in die Welt der blinden Fallanalytikerin Jenny Aaron.

Vielen Dank für das Interview, Corinna und Krissi, und weiterhin viel Spaß und Erfolg beim Bloggen! Wir sind auch in den nächsten Monaten wieder mit von der Challenge-Partie.

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