Schreibauszeit in Grischun

Vor zehn Jahren reiste ich das erste Mal nach Graubünden. Ich hatte mir Schreibauszeit genommen und wollte eine Woche lang weitab der Zivilisation meinen Text voranbringen. Unser Hund war noch mit, damit ich zu Bewegung gezwungen würde – so war der Plan.

Das Haus lag zwar tatsächlich weit abseits, oberhalb von Savognin und auch noch über dem kleinen Flecken Salouf, doch wirklich fern war die Zivilisation nicht. Ich bekam morgens meine frischen Brötchen und auch sonst alles, was ich zum Leben und Schreiben nötig zu haben meinte. Auch die Verkehrsverbindungen sind in der Schweiz hervorragend. Man kommt mit Bahn und Bus in die entlegensten Flecken, wenn man nicht selber mit dem Auto unterwegs sein möchte.

Fotoausflüge mit alten analogen Kameras durch Bergdörfer oder die Stadt Chur machen mir besonderes Vergnügen.

Nach einem kurzen Spaziergang mit dem Hund noch früh am Morgen wurde geschrieben. Mittags dann raus und nachmittags wieder schreiben, so hatte ich mir das vorgenommen. Ich habe keinen Tag durchgehalten. Entweder bin ich gleich nach dem Frühstück hinaus oder mittags. Es gab so viel zu erkunden – zu Fuß zu kleinen Bergdörfern und auch weitläufiger mit dem Auto oder dem Bus. Die Viamala-Schlucht ist nicht weit weg, der Lai Burvagn (Stausee), der Albula- und der Julierpass, die Alp Flix, das Nietzsche-Haus und und und. Geschrieben habe ich auch in dieser Zeit, aber längst nicht so viel, wie ich mir vorgenommen hatte.

Spaziergänge auf manchen Wegen werden in Graubünden dichterisch begleitet.

Seither bin ich öfters in Graubünden gewesen, nie wieder allein und auch nicht mehr mit Schreibabsichten. Besser ist es, Zeit zu haben für Wanderungen und Ausflüge, sich auf Begegnungen einzulassen, auch mal in eine Scheune zu schauen, aus der merkwürdige Töne klingen und sich dann das Alphornspiel erklären zu lassen. Jetzt, wo es dank Corona an Gelegenheit zu einer Reise dorthin mangelt, kann ich mich immerhin zurücklehnen, die Augen schließen und mir Erlebnisse zurückholen, von denen es so viele gibt, dass ich lange davon zehren kann. Vielleicht bietet sich im nächsten Jahr erneut die Gelegenheit, ins Bündnerland zu fahren. Ich freue mich jetzt schon drauf.

Graubünden ist in jeder Jahreszeit reizvoll.
Die Abende können zum Erlebnis werden.
Dass ich mich in Graubünden wie zu Hause fühle, erkennt man unschwer auf diesem Bild.

Bis zur nächsten Reise wünschen ich Ihnen ebenfalls schöne Erinnerungen.

Ihr

Horst-Dieter Radke

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