Schreibrituale oder Lack ohne Leder

Schreibrituale? So was hab‘ ich eigentlich nicht – manchmal schreibe ich nachts, manchmal tagsüber, manchmal von Hand, manchmal am PC, manchmal auch ins Handy. Ich schreibe in der S-Bahn, ich schreibe in der Küche, im Garten, auf dem Bett liegend, auf dem Boden hockend oder auch ganz zivilisiert am Schreibtisch. Wenn ich mag bzw. wenn es um mich herum zu laut ist (Stichwort: S-Bahn), hör ich beim Schreiben Musik, wobei ich aber nicht thematisch vorgehe, sondern nur mein persönliche Hitparade abarbeite. Ich trinke keinen Schreibtee und stecke auch vorher nicht das Telefon oder die Klingel aus.  Meistens habe ich das Handy griffbereit, was aber die Schuld meiner Freundin Kristin ist, die ist sehr stylisch und sie braucht oft sofort Rat bei wichtigen Kaufentscheidungen modischer Natur, wenn ich da nicht gleich antworte, Gott, sie würde wohlmöglich eine Tasche von George & Gina & irgendwas mit L Tasche nach Hause bringen. Das wäre verheerend! Die Folgen eines solchen Fehlkaufs mag ich mir gar nicht vorstellen.*

Meiner Konzentration tut das alles wenig Abbruch, bei meinen Eltern zu Hause war es auch immer laut und viel und alle gleichzeitig.

Ich würde sagen, ich bin, was das Schreiben angeht, sehr unkompliziert – aber eine Marotte habe ich doch: Ich schreibe am liebsten mit lackierten Nägeln. Und wenn ich lackiert sage, meine ich das auch so – ich mag sie bunt, meistens rechts in einer anderen Farbe als links, oder auch alle Nägel unterschiedlich. Aktuell sind sie zur einen Hälfte tiefgrün und metallisch glänzend –‚Paradise on Earth‘ –, zur anderen blau und matt – ‚Mint candy apple‘. Namen wie Gedichte, manchmal sogar Namen, die ganze Geschichten erzählen: ‚We‘ ll always have Paris‘ (ein dunkles Rot), ‚You don’t know Jaques‘ (Schlammbraun) oder mein Favorit ‚My Chihuahua bites‘ (Rotrot).

Bei Kurzgeschichten erinnere ich mich meistens noch an die Farbe, die ich beim Schreiben getragen habe und oft findet der Lack auch seinen Eingang in die Erzählung: Da werden Nägel bemalt, da kleben Nagellacksplitter an Schneidezähnen und wenn die Maniküre wechselt, dann kann das meine Protagonisten in Sinnkrisen stürzen.

Nur eines hasse ich und das reißt mich auch wirklich aus der Konzentration: Wenn der Lack blättert!

Und weil ich das jetzt gerade an meinem linken Zeigefinger bemerkt habe, ist für heute auch Schluss mit Schreiben!

Joan Weng

*Nein, Krisky ich weiß, du würdest dir niemals eine George & Gina & irgendwas mit L Tasche kaufen! Das war nur ein Beispiel 😉

Teilen:

Schreibe einen Kommentar