Überwintern für Autoren – Winterblues???

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Ich gestehe, ich tu‘ mich mit dem Überwintern nicht schwer. Sehr zum zeitweiligen Missfallen meines nicht ganz so dauergutgelaunten Umfeldes habe ich ein sehr sonniges Gemüt. Ich bin einer dieser – allgemein als penetrant eingestuften – Menschen, die Dinge sagen wie: „Aber Regen ist doch auch schön!“ oder „Ach, wenn’s so kalt ist, da freu ich mich immer besonders auf daheim.“ Überdurchschnittlich oft kommt auch „Du wirst sehen, jetzt wird es bestimmt gut“ über meine Lippen, worauf mein Bruder einmal erwiderte: „Sei einfach still, dann ist schon besser.“

Folglich machen mir auch die Wintermonate recht wenig aus – den November mag ich sogar ganz besonders, der ist so gemütlich nassgrau. Nur ich in meinem roten Duffle Coat leuchte und erstmals kommt unser Kätzchen wieder über Nacht nach Hause, entwickelt sich zu einem Schmuser und ist überhaupt sehr anhänglich. Im November kann man die Ugg Boots auspacken und sich dran freuen, die kommenden vier Monate warmen Fußes im scheußlichsten Schuh seit der Erfindung der Birkenstocksandale rumzulaufen. Nun kaufe ich mir Ovomaltine, ditsche mit Butter bestrichene Leibnitz in die heiße Milch und beginne, nach Adventskränzen Ausschau zu halten. Die braucht man ja spätestens im Dezember, wobei der Dezember weihnachtsbedingt eben einfach das Größte ist – Glühwein, Schnee, Kerzen, gutes Essen und all die Menschen, die einem sagen, dass sie einen liebhaben oder es einem zeigen, in dem sie mit den wunderbarsten Geschenken aufwarten. Dann kommt Silvester, mit Diner for one und Feuerwerk und meist irgendwie schalem Sekt und schon ist erster Januar mit Kopfweh und traditionsgemäß großen Brunch bei meiner Familie, danach lohnt es sich gar nicht, etwas zu schaffen, man kann sich getrost bis zum 06. den Weihnachtsgeschenken widmen, da ist bei uns in BaWü ja eh wieder Feiertag.

Am 06. hat mein Mann auch Geburtstag, wo wir jedes Jahr reinfeiern – Sie glauben nicht, wie viele Menschen man in ein 15 qm großes Wohnzimmer bekommt, allerdings ist vor zwei Jahren die Bank zusammengebrochen…

Und danach beginnt ja dann schon fast der Frühling, zumindest bei uns in Wohnzimmer und Küche: Ich ziehe Hyazinthen im Glas. Daran habe ich viel Freude, erst tragen die Hyazinthen lustige bunte Hüte, dann blühen sie und dann pflanzen wir sie aus – wobei mir so beim Schreiben auffällt, ich mag meinen vorgezogenen Frühling im Januar bzw. Februar fast mehr, weil es jetzt günstig gute Orangen gibt. Ich trinke schrecklich gern frisch gepressten Orangensaft und auch Mandarinen mag ich sehr. Eine weitere symphatische Eigenschaft des Januars ist, dass meinem Mann spätestens jetzt auffällt, dass das Einlagern der Äpfel wieder nicht geklappt hat und ich sehr viele Apfeltaschen bekomme. Im Geschäft ist es bei uns im Januar meistens angenehm ruhig – nach den eingeschlagenen Zähnen zu Neujahr dauert es immer ein bisschen, bis wir in der Verwaltung wieder zu tun kriegen und gerade, wenn meinen Kollegin und ich anfangen uns Sorgen zu machen, dann ist schon Februar und wir können wieder stöhnen Ich weiß gar nicht, wie wir das alles schaffen sollen. Wir lieben diesen Klageausruf, denn wer so überlastet ist wie wir, darf auch während der Arbeit mal Dove naschen, das ist Nervennahrung und dient allein dem Erhalt unserer Arbeitsfähigkeit. Überhaupt ist es im Februar in der Arbeit sehr nett, ständig bringen Patienten Berliner oder neuerdings auch Donuts, während des Faschingsumzugs haben wir geschlossen und an den närrischen Tagen dürfen wir Jungen ohne Auto früher gehen, damit wir in den Öffentlichen nicht von Betrunkenen belästigt werden.

Was ich am Februar auch besonders mag ist, dass jetzt schon überall Frühjahrsmode gezeigt wird, ich schaue schrecklich gern all die bunten Schaufenster und pastellfarbigen Kataloge an, stelle mir vor, was ich nehmen würde, wenn ich unsagbar viel Geld hätte und kaufe mir am Ende meistens einen Strauß Tulpen oder ein paar Primeln fürs Fensterbrett. Und wenn ich so bepackt nach Hause komme, dann stelle ich fest, unser Kätzchen ist fort, kommt auch auf flötendes Rufen und eifriges Klappern der Leckerlischachtel nicht heim. So wird das nun bleiben, denn jetzt ist Frühling.

Der Winter ist vorbei – war doch gar nicht schlimm, oder?

 Ihre Joan Weng

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