„Unmögliches gibt es einfach nicht!“

 

140426 Amos und Claudia in Augsburg (Jörg Lingrön)

Foto: Jörg Lingrön (Mitgliederversammlung Augsburg im April 2014)
(links:Amos Ruwwe, rechts: Claudia Kociucki)

Ein Interview mit Amos Ruwwe

Es fragt: Claudia Kociucki

Liebe 42er Blog-Fans,

heute stelle ich Ihnen und euch den dritten Vereinsneuzugang des Jahres 2014 vor: Amos Ruwwe. Amos, du hast sofort „Ja, gerne.“ gesagt, als ich dir die Anfrage zum Interview geschickt habe. Das ist vielleicht leichtsinnig, aber auf jeden Fall super! Super ist auch – und das möchte ich hier (bestimmt auch im Namen des Blogteams) einmal sagen: Du bist ein regelmäßiger Leser und fleißiger Kommentator unserer Blogbeiträge – wie kommt’s?

Gutes Marketing von euch. Es leuchtet gelb auf der 42er Seite, da schaue ich gerne nach. Die 42er sind bei mir auf den Favoriten gespeichert. Morgens schaue ich da regelmäßig rein.

„Das tapfere Schneiderlein“

Schneider warst du anscheinend noch nicht, aber in der Vita auf deiner Homepage  findet man eine beeindruckende Reihe von Ausbildungen und Tätigkeiten: Du bist vor allem Märchenerzähler, aber auch Coach, systemischer Berater, hast ferner als Dozent in der Entwicklungspolitik sowie als Entwicklungshelfer in Afrika und Asien gearbeitet. Ganz unten in deiner Liste steht zudem ‚Gartenbautechniker‘. Bevor ich dich jetzt frage, welchen Garten du in welchem bekannten Märchen wie gestalten würdest, frage ich: In welcher Weise finden deine Berufe und Berufungen Eingang bzw. Verwendung in den Texten, die du schreibst?

Die unterschiedlichsten Berufe sind immer irgendwie im Hintergrund, wenn ich etwas schreibe. Immer habe ich einen Notizblock in der Tasche. Wenn ich reise, schreibe ich mir abends meine Impressionen auf. Zuhause schreibe ich mir auch vieles auf: tägliche Dinge, zum Beispiel, auf dem Wochenmarkt, wenn ich einen Dialog witzig finde oder mir eine Redensart auffällt. Systemisches Coaching, das Märchenerzählen, der Gärtner, der Hippie in mir, die notwendige Fantasie – diese Mixtur ist meine Quelle für meine Geschichten.

„Dornröschen“

Die Märchengartenfrage war eigentlich doch gar nicht so schlecht. Also?

Wenn Du meine Homepage aufrufst, findest Du oben den Header (heißt das so?), also das Bild ganz oben, das ist ein Teil meines Gartens. Obwohl ich gelegentlich mal spinne, bin ich glücklicherweise nicht in einen hundertjährigen Schlaf gefallen, sondern gerne und oft in meinem Nutzgarten unterwegs. Märchenhaft eben.

„Erzähl mir keine Märchen!“ Oder: doch!

In der märchenhaften Stadt Nürnberg hast du eine Ausbildung zum Märchenerzähler durchlaufen, beim wundervoll klingenden Vereinsnamen ‚DornRosen‘. Von außen stelle ich mir ein altes Natursteingebäude mit Ranken, freischwebenden Feen und Wildblumen vor. Wie müssen wir uns inhaltlich eine Ausbildung zum Märchenerzähler vorstellen?

Üben, üben, üben. Die Ausbildung beinhaltet die pädagogische und künstlerische Arbeit mit den Märchen. Ein Märchenerzähler sollte Märchen erzählen, mit Herz und Verstand, nicht einfach so runterleiern, auswendig. Inwendig mit dem Märchen arbeiten, sich die Protagonisten vorstellen, den Spannungsbogen des Märchens selbst fühlen. Das braucht Zeit. Die Ausbildung dauert sieben Wochenenden und drei Mal eine ganze Woche. Zum Abschluss muss ein eigenes Programm erstellt und vor Publikum erzählt werden. Im Jahr 2000 habe ich meinen Abschluss bei den DornRosen gemacht. Seither bin ich als Märchenerzähler unterwegs.

„Sieben auf einen Streich“

Wo wir gerade über Märchen plaudern – da habe ich ein paar ganz schnelle Fragen, Amos.

Deine Lieblingsstadt: Berlin
Dein Lieblingswort: Gedöns
Dein Lieblingsberuf: Märchenerzähler
Dein Lieblingseis: Stracciatella
Dein Lieblingsbuch: IGing
Deine Lieblingsmärchenfigur und dein Lieblingsmärchen: Hans im Glück
Dein Lieblingshilfsprojekt, deine Herzenssache: Kino im Kopf“   – das ist Crowdfunding für den guten Zweck.

 

„Märchen meets Moderne“

Du schreibst ja selbst auch Märchen, Amos. Kannst du uns in 160 Zeichen (also in SMS-Länge inklusive Leerzeichen) erzählen, worum es in dem Märchen geht, das dir von deinen eigenen Texten am liebsten ist?

Der grimmige König (auf CD)  „Ein Gaukler kommt mit seinem Gefährten, einem Vogel, in ein Land, dessen König bei Strafe verboten hat, froh zu sein. Der Gaukler schert sich nicht daran und landet im Gefängnis.“

„Magische Zahlen“

Die sieben Zwerge, die sieben Geißlein, sie sieben Raben, die drei kleinen Schweinchen – überall begegnen uns Zahlen voller Symbolik, Magie und Aberglauben. Nach deiner Lieblingszahl habe ich oben nicht gefragt, denn natürlich / sicherlich / unausweichlich / vertragsgemäß ist das die 42. (Ali Baba hätte sich im Übrigen ruhig etwas mehr Mühe bei der Rekrutierung seiner Räuber geben können – die zwei wäre doch sicherlich auch noch irgendwo aufzutreiben gewesen… Anm. d. Red.) Was hat dich an den 42ern so ‚magisch‘ angezogen, wann war das und was bedeutet der Verein für dich und deine Arbeit?

Magisch angezogen haben mich immer schon die Buchstaben. Als Kind habe ich bereits viel gelesen, geschrieben. Das Tagebuch habe ich angefangen, da war ich, glaube ich, acht Jahre alt. Im Entwicklungsdienst in Süd-Korea habe ich dort ein Buch über den Alltag unserer Familie geschrieben: „Unterm Gingkobaum“. Als wir dann wieder in Deutschland waren, war ich in Sachen Entwicklungspolitik als Referent viel unterwegs. So kam ich zu einem Buchvertrag, das Buch wurde gedruckt und an viele Entwicklungshelfer über die jeweiligen Organisationen verteilt. Horst-Dieter Radke hat mir dann die 42er vorgestellt. Das ist schon eine Weile her. Bei der gemeinsamen Textarbeit an den wöchentlichen Besprechungstexten (BT) im 42er Forum habe ich viel gelernt. Da freue ich mich jeden Sonntag drauf.

„Es war einmal…“

Ich freue mich jetzt auf ein kleines Märchen, das wir beide gewissermaßen zusammen geschrieben haben. Danke, dass du den Lückentext ausgefüllt hast, Amos!

„Es war einmal ein kleiner Junge namens Amos – zumindest glaubte alle Welt später, dass dies sein richtiger Name war. Die Welt fragte ihn des Öfteren: Ruwwe mit zwei ‚w‘? Amos, was ist das denn für ein Name? Das waren die Standardfragen seines Lebens. Jedenfalls wuchs er inmitten von Geschwistern auf und in immer wechselnden Wohnungen, blieb erst einmal im Pott, um genau zu sein in Heiligenhaus (heute Essen). Am liebsten mochte er die Natur und Freiheiten jeglicher Art. Was er gar nicht ausstehen konnte, war Schule, deshalb griff er zur einzig logischen Maßnahme: „schnell fertich machen“: Er ging in die Gärtnerlehre in Essen-Heidhausen. Als er 17 Jahre alt war, zog es ihn von zuhause weg. Im Herbst/Winter im Gewächshaus arbeiten bis April/Mai, dann nix wie weg, Trampen durch Europa bis Oktober/November, dann wieder rein ins Warme. Ach, was war das schön! Doch dann auf einmal kamen die Musterung und die Kriegsverweigerung, Ersatzdienst, technischer Dienst in einem Krankenhaus. Da half auch kein Zauber, da musste er durch. Also tat er Folgendes: 18 Monate Ersatzdienst als Erholung nutzen, nette Krankenschwestern treffen, in der Düsseldorfer Altstadt den Altbier-Vorrat dezimieren und schon waren die Zwangsmonate vorbei. Irgendwann dachte er sich: Mein Lebensmotto ist „Das Angenehme mit dem Nützlichem verbinden!“ Eines schönen Tages wachte er auf und hatte einen langen weißen Bart, der so in den Jahren vor sich hingewachsen war. Quasi als Dienstkleidung. Und wenn er nicht gerade etwas schreibt oder liest, dann erzählt Amos noch immer dit und dat. (Und die Moral von der Geschicht‘: „Lass dir die eigene Gestaltungsfreiheit nicht nehmen, Unmögliches gibt es einfach nicht!“)

„Vier gewinnt“

…heißt dieser Fragenblock. Entscheide dich von den vier vorgegebenen Möglichkeiten spontan für eine davon! (Gerne darfst du uns Neugierigen natürlich ein paar Zusatzinfos mitliefern, da sind wir ja nicht so.)

1.) Himmelsrichtungen: Osten, Süden, Westen oder Norden?
Eindeutig Süden!

2.) Sternzeichen: Feuer, Luft, Wasser oder Erde?
Sternzeichen Widder, Chinesisch: Tiger. Ich glaube, das ist Feuer, weiß ich aber nicht genau…

3.) Fortbewegung: mit reiner Muskelkraft, mit ordentlich PS, mit erneuerbaren Energien oder mit vielen Leuten?
Mit reiner Muskelkraft, regelmäßiges Schwimmen, Wandern, ein Auto habe ich auch, Fotovoltaik und Sonnenkollektor auf dem Dach, mit vielen Leuten ist nicht so mein Ding.

4.) Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst oder Winter?
Frühling: Da beginnt neues Leben, das liebe ich sehr.

5.) Filme: schwarz/weiß, Krawumm, 3D oder doch lieber die Romanvorlage?
3D mag ich nicht besonders. Krawumm heißt ‚mit Action‘, ist auch nicht so meine Sache. Romanvorlage ist gut, wenn ich das Buch noch nicht gelesen habe.

„Übermorgen hole ich der Königin ihr Kind“

Müsste es aus emanzipatorischen Gründen und gemäß Gleichstellungsgesetz nicht auch heißen „und dem Königs seins auch“? Soll heißen: Du kommst aus dem Ruhrpott, hast soeben ein Buch in Mundart veröffentlicht mit dem Titel „Hömma Jupp Sach wat!

Ja, wat is? Wennse mal an de Grimms denken tus, wat willse jezz? Allet umschreiben? So wie et iss, isset jut.

„Es war einmal…“

Was aus dem Ruhrgebiet fehlt dir dort, wo du jetzt lebst, am meisten?

Die schnodderige Art der Menschen im Pott.

Meinzen damit? Pass ma auf, du! Gleich kommich dir dahin, wo dein Haus wohnt und dann is Kirmes, Freundchen! Virtuelles Crange. Dat Quätschken is vorbei.

Übersetzt heißt das: „Ich bedanke mich ganz herzlich für das Interview – schön, dass wir dich ein wenig näher kennenlernen durften.“

In diesem Sinne, bis bald!

 

Amos Preisverleihung

Amos Ruwwe als einer der Preisträger im Wettbewerb „Erzähl doch keine Märchen“, ausgeschrieben von der GWK Münster 2010 (Foto: Preisverleihung)

Teilen:

2 Gedanken zu „„Unmögliches gibt es einfach nicht!““

Schreibe einen Kommentar