Vom Ankommen, Ruhigwerden und einem vollen Haus

Putlitz 2021 – 1. Teil

Nach einem Jahr Abstinenz nun wieder analog: Die Verleihung des Putlitzer-Kurzgschichten-Preises findet im richtigen Leben statt und nicht virtuell wie 2020. Alles sollte beginnen wie immer, mit einer Lesung am Freitagabend in der Pfarrscheune. Für meine Frau und mich ist das nicht mal eben um die Ecke. Wir müssen von Süddeutschland – genauer aus dem lieblichen Taubertal – hoch in den Norden. 560 Kilometer. „Um 18 Uhr beginnt die Lesung“, drängte ich meine Frau, „wir dürfen nicht zu spät losfahren, denn vorher müssen wir noch ins Hotel nach Wolfshagen“. Staus hatten wir Gottseidank nicht, aber Baustelle reihte sich an Baustelle und die prognostizierte Ankunftsanzeige des Navis rückte immer weiter vor. 17:30 Uhr fuhren wir endlich in Wolfshagen ein. „Schnell ins Hotel“, sagte ich, „und dann ab nach Putlitz. Vermutlich sind wir die Letzten.“ Im Hotel-Restaurant saßen jedoch bereits an einem langen Tisch die angereisten 42er bei gutem Essen und förderlichen Getränken und offensichtlich noch längst nicht in Aufbruchsstimmung. Johlend wurden wir begrüßt. Wie sich herausstellte, sollte die Lesung nicht um 18 Uhr sondern um 19 Uhr beginnen. Da konnte ich mich wieder lockern und alles Weitere in Ruhe angehen.

Putlitz war schon hergerichtet, als wir ankamen, ein bewährtes Team aus Einheimischen kümmert sich schon im Vorfeld der Veranstaltung, dass alles am richtigen Platz ist und funktioniert. Sogar Zuhörer standen bereits vor der Pfarrscheune und deutlich vor Beginn war die Scheune voll.

Als erste las Claudia Kociucki ihre Geschichte vom Apfel, in der auch Adam und Eva und ein gewisser Gott eine Rolle spielte. Wer Prota- und Antagonist war, konnte ich aber nicht exakt auseinanderhalten. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, Handlungsort sei Gelsenkirchen oder sonstwo im Pott.

Claudia Kociucki

Claudia machte auch die Moderation, nur nicht für sich, das erledigte Sophie Kamann, eine junge Frau aus Putlitz, die anschließend Gedichte las, was, wie ich finde, eine gute Ergänzung zu den Texten der anderen Autorinnen und Autoren war, denn Lyrik ist bei den 42ern leider immer noch unterrepräsentiert.

Daran anschließend kam Ulrike Maier, die sich selbst als „Vorstandspraktikantin im ersten Ausbildungsjahr“ vorstellte. Ihre Kurzgeschichte, insbesondere die Passagen, in denen die Protagonisten alkoholisiert waren, trug sie so gekonnt vor, daß einige Hörer schon mal zu den Getränken schielten.

Joachim Off

Daran anschließend übernahm Jo(achim) Off, ebenfalls Mitglied des Vorstands, das Mikro und las in etwas „trockener“ Art etwas über Influencer, was von den Zuhörern jedoch keineswegs trocken aufgenommen wurde. Moderatorin Claudia rief zur Pause auf, und sowohl die Lesenden als auch die Zuhörenden wurden übergriffig den Getränken gegenüber. Die schon ohnehin gute Stimmung hob sich weiter.

Nach der Pause war Nils Hollenberg an der Reihe und, das muss an dieser Stelle erwähnt werden, Claudia lief mit ihrer Anmoderation zur Höchstform auf. Das, was sie zur Einführung des nächsten Kandidaten ablieferte, hätte manch anderen angesichts ihrer darstellerischen Leistung zur Aufgabe gezwungen. Nils nahm es sportlich und las seine Science Fiction Story so engagiert, dass ihm die Aufmerksamkeit des Publikums niemals entglitt.

Kristin Lange

Kristin Lange folgte und las eine halbe Kurzgeschichte über eine Frau, die sich im Leben nicht wirklich zurechtfinden konnte, und zwar so eindringlich, dass die Zuhörer mitfühlen konnten.

Dorrit Bartel

Dorrit Bartel bot einen Auszug aus ihrem biografischen Roman über einen Äthiopier, der in Deutschland zeitweise seinen Lebensmittelpunkt fand. Sie wählte dazu die Stelle, als Adane, ihr Protagonist, 1981 in der DDR ankam. Man hätte gut noch ein wenig weiter hören können, aber die Lesezeit war auf zehn Minuten begrenzt. Der Letzte für diesen Abend war ich selbst, doch darüber kann ich nichts erzählen, weil ich mich nicht dabei beobachten konnte. Allerdings hat mir die Lesung Spaß gemacht und vielleicht den anwesenden Zuhörern ebenfalls.

Soviel kann aber gesagt werden: Die Scheunenlesung war eine gelungene. Morgen gehts weiter. Die Verleihung des Putlitzer Preises für das Jahr 2021 steht an. Selbstverständlich werde ich auch darüber berichten,

Ihr Horst-Dieter Radke

Teilen: