Warte, warte nur ein Weilchen…

Man sagt Autoren viele Eigenschaften nach: Im besten Fall Kreativität, mitunter auch nur Exzentrik. Aber was wäre Schiller ohne die faulenden Äpfel im Schreibtisch, was Remarque ohne seinen halbaufgefressenen Bleistift und Sagan, wenn sie zum Fahren ihres Jaguars Schuhe angezogen hätte? Die korrekte Antwort ist: Geduldig!

Geduld ist eine Eigenschaft, die allen Autoren gemein ist – und besitzen sie Geduld nicht von Anfang an, dann lernen sie Geduld eben auf die harte Tour.

Das geht dann ungefähr so: Man schreibt einen Text für einen Wettbewerb, druckt ihn aus, druckt ihn nochmal aus, weil man einen Schreibfehler gefunden hat, behebt den Papierstau, druckt noch einmal alles, weil sich durch das Beheben des Fehlers die Absätze verschoben haben, stellt fest, dass jetzt kein Papier mehr fürs Anschreiben da ist, besorgt Papier, druckt endlich glücklich alles aus (inklusive Anschreiben), tütet es ein, bringt das Ganze zur Post, erträgt das Gespräch mit der Postfrau: Jesses noi, scho wieder än G‘schichtle!; geht heim, stellt zu Hause fest, dass man auf Seite drei eine Wortdopplung und auf Seite fünf ein Leerzeichen zu viel hat und dann, dann wartet man.

Man wartet und wartet und wartet und wartet.

Nach einem Monat fragen wohlmeinende Freunde gern mal nach, man sagt: „Ich warte noch.“

Nach einem weiteren Monat fragen sie erneut, man sagt: „Ich warte noch!“

Wenn es wirklich gute Freunde sind, fragen sie nach drei Monaten dezent: „Das mit der Story da, weißt schon letzten Sommer, das ist nichts geworden, oder?“ Das ist der Punkt, wo ich gerne mal aus Ungeduld Dinge umtrete, das scheppert und kracht so schön und ist eindrucksvolle Versinnbildlichung meiner Seelenqual.

Drei Monate Wartezeit sind bei einem guten Stipendium gar nichts! Da nützt es auch nichts, zwischendrin mal beim Veranstalter anzurufen. Wirklich, es nützt nichts. Ich habe es probiert und erhielt die Antwort: „Üben Sie sich in Geduld!“

Ich übe noch.

Schön ist es, wenn die Veranstalter ein Datum angeben, an dem die Liste der Stipendiaten bzw. der Sieger veröffentlicht wird. Dann hat man was, worauf man hinfiebern kann. Weniger schön ist es, wenn das Datum verstreicht, ohne dass man eine Nachricht bekommt. Heißt das dann: Nur die Gewinner wurden informiert? Oder heißt das einfach, die Ergebnisse stehen noch nicht fest? Aus Erfahrung weiß ich inzwischen, es kann beides heißen und glauben Sie nicht, weil letztes Jahr die Gewinner Ende Februar bekannt gegeben wurden, müssten sie dieses Jahr gleichfalls Ende Februar bekannt gegeben werden. Ein einziges Mal habe ich übrigens erlebt, dass die Preisträger vor dem angegebenen Datum informiert wurden und meine Dankbarkeit für die Veranstalter des Hattinger Literaturförderpreises ist bis heute grenzenlos.

Ansonsten kann man wirklich nur Geduld üben – und wenn es gar zu lang dauert, dann tröste man sich mit dem Gedanken an Horaz, den ließ Kaiser Augustus seiner Zeit volle neun Monate schmoren, bevor er sich zur Förderung entschließen konnte. Neun Monate, in denen Horaz vermutlich glaubte, ewig als Buchhalter schuften zu müssen.

Und wenn auch der Gedanke an den über seinen Akten beinahe versauernden Horaz nicht mehr hilft – geräuschvoll umgetretenes Mobiliar hilft immer. Wirklich absolut immer!

Ihre Joan Weng

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