Wiedergelesen: Johannes Mario Simmel – Die im Dunkeln sieht man nicht

Da Simmel in der Reihe „Romane der 20. Jahrhunderts“ meiner geliebten Kornwestheimer Leihbibliothek gestanden hat, habe ich irgendwann in meiner Jugend auch Simmel gelesen. Ich weiß nicht mehr, wie der Roman hieß, aber er war sehr dick, und es ging um eine Schauspielerin, ich glaube, sie wurde erpresst. Ich kam nicht sehr weit, ich fand das Buch ermüdend und – wie ich mit der Arroganz meiner vielleicht sechzehn Jahre feststellte – sehr banal im Stil.

Obwohl die Erfahrung keineswegs so grauenhaft war, dass ich beim Namen Simmel zusammengezuckt wäre, hätte ich ihn vermutlich nie wieder gelesen, hätten wir nicht als Blogteam eine Simmel-Serie gestartet.

Ich bekam „Die im Dunkeln sieht man nicht“ – eine in den 80ern spielenden Thriller um geheime Nazidokumente, einen „eiskalten Killer“, eine geheimnisvolle Friedensaktivistin und einen labilen Fernsehjournalisten. Mich hat das Buch ein wenig an den Film „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ erinnert, der 1984, nur ein Jahr vor dem Roman erschien. Hier wie dort wird einem ordentlich was geboten: Cannes, Teheran, Berlin und Buenos Aires, um nur einige Schauplätze der Romanhandlung zu nennen, dazu Morde, Verschwörungen, schöne Frauen, Nazis, Spione, Gegenspione, Sowjets, Amerikaner und das alles in einem Tempo, dass mir schon beim Aufzählen ganz schwindlig wird.

Ich gestehe, ich mag „Indiana Jones und der Tempel des Todes“, er ist für mich eine Kindheitserinnerung. Simmels Roman hat diesen sicher unlauteren Nostalgievorteil nicht, und deshalb fand ich den Roman nur haarsträubend und bis zur Grenze des Lächerlichen übertrieben. Kein Klischee, das Simmel ausgelassen hat – am peinlichsten fand ich den lyriklesenden Killer!

Dass der Roman wirklich so schlecht ist, wie ich ihn fand, möchte ich gar nicht behaupten – es ist wohl eher eine grundsätzliche Geschmacksfrage: Ich mag leise Töne, subtile Spannung und ja, dann ertrage ich auch die ein oder andere Handlungspanne, aber dieses infernalische Gekrache und Getöse, das fand ich persönlich kaum auszuhalten dämlich. Und wenn ich dämliches 80er-Jahre-Spektakel will, dann eben doch lieber Doktor Jones. Sorry, Simmel ich und werden wohl keine Freunde.

Ihre Joan Weng

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