„Wir machen geiles Zeug mit netten Leuten“

Joan Weng im Gespräch mit Sven Nieder vom Kraterleuchten Verlag

Also zu allererst mal, ich hab echt gestaunt, wie umfangreich euer Repertoire ist. Ihr macht unheimlich viel. Ich kannte euch bisher nur als Fantasy-Verlag!

Dabei ist der Fantasy-Bereich eigentlich unserer jüngster. Den haben wir während der Coronakrise gegründet, und ursprünglich hat das Verlagsprogramm nur ein einziges Buch umfasst. Dafür muss ich ein bisschen ausholen: Wir sind mit unseren Büchern viel auf Nebenmärkten zu finden, beispielsweise in den Museumsshops auf Schlössern und Burgen. Und plötzlich waren die alle zu, das hat uns erst mal ziemlich getroffen. Aber wir sind von Haus aus kreative Köpfe, und während wir noch überlegt haben, hat uns der Gründer des Regionalia Verlags ein Fantasy-Manuskript geschickt. Das haben wir gelesen und waren alle begeistert. Also haben wir eben einen Fantasy-Verlag für dieses Buch gegründet und hatten natürlich im Hinterkopf, dass das noch mehr werden könnten. Das Konzept hat bei uns auch etwas Tradition.

Das musst du uns jetzt aber genauer erklären.

Ich bin Fotograf, und für die ersten Fotobücher, die ich schon für größere Verlage gemacht habe, hat Björn Pollmeyer meistens das Layout gemacht. Wir hatten immer viel Spaß dran, und irgendwann gab’s ein Buch „Der Himmel über der Vulkaneifel“ , für das wir keinen Verlag gefunden haben, der das in der Qualität gemacht hätte, die wir uns vorgestellt haben. Und weil uns das Buch wirklich am Herzen lag, haben wir einfach beschlossen: Wir machen das selbst. Wir gründen einen Verlag. Das war lange, lange bevor Selfpublishing Thema war. Da kam ein Vierzigtonner zu meinen Eltern auf den Hof, wir haben 5.000 Bücher die Treppe rauf und die Treppe runter geschleppt, die Nachbarn haben uns noch geholfen, und ich hab gesagt: Also, das mach ich nie wieder!Aber dann hatten wir das Problem, dass das Buch sehr erfolgreich war und wir schnell ein nächstes Buch gemacht haben. Und plötzlich hatten wir dann nach und nach einen Verlag. So ist das mit der Liebe zum Buch.

Ihr gründet demnächst schon den nächsten Verlag, nicht wahr?

Einen weiteren Imprint. Meine Frau ist Inuit, und wir gründen einen Verlag für Inuit-Literatur, die wir ins Deutsche übersetzen und dann auch in Kürze veröffentlichen wollen.

Super. Mich begeistert, wie ihr die Dinge angeht. Wie ihr einfach rangeht und sagt: Das ist toll, das machen wir!

Ich wüsste gar nicht, wie man es anders machen sollte. Man muss aber auch dazu sagen, dass ein Großteil unseres Portfolios, nämlich das gesamte Portfolio aus dem Regionalia-Verlag, 2018 zu uns gekommen ist. Da kam ein Anruf von unserem gemeinsamen Vertreter: Herr Nieder, wollen Sie einen Verlag kaufen?

Nö, dachte ich zuerst!Aber wir haben es uns dann angeschaut, und die haben wirklich tolle Bücher. So sind wir über Nacht von einem Verlag mit dreißig Werken zu einem mit über 300 geworden. Das hat ganz neue Herausforderungen gebracht, aber es hat sich rasch stabilisiert. Und wir entwickeln das Programm auch weiter.

Das klingt alles wirklich zauberhaft und ich denke, dass es unsere Leser*innen inzwischen ziemlich interessiert: Wenn man euch ein Manuskript zuschickt, wie stehen die Chancen?

Die Erstprüfung, die geht ziemlich schnell. Unser Motto ist „Wir machen geiles Zeug mit netten Leuten“das ist so die Basis für alles. Die Chemie muss stimmen, damit man gemeinsam am Projekt arbeiten will, und dann muss der Inhalt natürlich zum Verlag passen. Wenn das passt, dann ist es uns auch egal, ob das Manuskript in Normseiten oder was auch immer eingereicht wird.

Bekommt ihr denn oft initiative Manuskripte?

Nein, nicht besonders oft. Wir haben auch nicht auf der Website stehen, dass wir suchen. Wir leben mehr von Mundpropaganda. Wir möchten einfach gemeinsam auf Augenhöhe schöne Projekte entwickeln, und das spricht sich rum.

Eure Bücher sehen nachher auch wirklich toll aus.

Darauf legen wir großen Wert. Ich möchte als Autor auch selbst, dass meine Bücher genau so sind, wie ich sie mir gewünscht und vorgestellt habe. Wir überlegen uns, wie wir das bestmögliche Produkt herstellen können, als Gesamtkunstwerk. Dann wird das Projekt am Ende auch erfolgreich. So sind wir auch zur Gründung unseres ersten Imprint-Verlages gekommen: Wir haben ein wunderbares, extrem hochwertiges Buch über ausgeleuchtete Eisberge in Grönland gemacht, aber in unserem Eifelbuchverlag herausgegeben. Und obwohl das Buch sehr erfolgreich war, haben wir da gemerkt, dass die Leute nicht verstehen, warum dieses Buch in diesem Verlag erscheint. So kam es zur Gründung von der Edition Bildperlen, unserem ersten Imprint.

Da macht ihr auch wirklich sehr besondere Bücher.

Das ist vielleicht Teil unseres Erfolges, wir machen die Dinge nicht, weil man sie schon immer so gemacht hat. Wir machen Sachen, die für uns so passen. Das merkt man auch an den Covern, die müssen zum Buch passen und nicht zu den Vorstellungen einer Vertreter:in, die meint, das verkauft sich gerade gut. Das aktuellste Beispiel ist vielleicht das Cover von Andi Bottlingers „Der Spiegelorden“,das kürzlich in unserm Fantasy-Imprint erschienen ist.

Dem hätte ein ganz klassischer High-Fantasy-Drache vorne drauf für den kurzfristigen Verkaufserfolg vielleicht besser getan, aber so denken wir nicht. Aber wir wollen natürlich mit unseren Büchern erfolgreich sein, wir wollen verkaufen.

Natürlich, ihr lebt davon. Eure Bücher sind tendenziell weniger bei Thalia zu finden, aber dafür in den kleinen, gut geführten Buchhandlungen.

So wünschen wir uns das, wobei gerade unsere Bücher aus dem Regionalsegment auch in den regional passenden Großbuchhandlungen zu finden sind, ganz klar. Gerade die „Sagen & Legenden“-Serie, für die auch Horst-Dieter Radke schreibt, ist sehr beliebt, die halten wir auch in der Regel lieferbar. Den günstigen Preis von 9,95 Euro für Hardcover können wir gewährleisten, weil wir eine große Menge von Büchern haben, die fast exakt gleich aussehen und von daher günstig in der Herstellung sind.

Diese Titel, aber auch beispielsweise das Thüringen-Kochbuch, sind in den entsprechenden lokalen Großbuchhandlungen gut zu finden. Bei der nicht regionalen Prosa brauchen wir aber meist kleinere Buchhandlungen, die einfach besondere Bücher lieben.

Und was die Sichtbarkeit im Buchhandel angeht, habt ihr euch auch zu helfen gewusst.

Wir haben uns überlegt, wie wir Sichtbarkeit für die Bücher erreichen, die es verdient hätten, aber aufgrund der gegenwärtigen Marktsituation diese Sichtbarkeit nicht bekommen. Und dafür betreiben wir zusammen mit Sandra Thoms und Jannis Radeleff mitten in Frankfurts Innenstadt den „fantastischen Buchladen“. Das ist ein Versuch, eben diese Sichtbarkeit für unsere Bücher zu erzeugen, indem wir sie einfach selbst herstellen.

Ich glaube, man kann zusammenfassend sagen, das Besondere an euch und eurem Verlag ist, dass ihr einfach ausprobiert und loslegt. Und dass ihr wirklich zauberhafte Bücher auf den Markt bringt!

Wir machen eben geiles Zeug mit netten Leuten!

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