Von Babys, dem Schreiben und einer eingebildeten Feder

Ich gestehe, ich habe in den letzten zwei Wochen nicht geschrieben!
Nicht ein Wort, nicht einmal ins (virtuelle) Notizbuch, und sogar meine sonst eher umfangreiche Mailkorrespondenz ist – bis auf einige Ausnahmen – zum Erliegen gekommen.
Der Grund dafür?
Ich bin verliebt.
Rettungslos, heillos, grenzenlos und noch ein paar Adverbien auf ‚-los‘ mäßig verliebt. Es gibt nämlich einen neuen Mann in meinem Leben, einen sehr kleinen mit einer sehr lauten Stimme, wobei er letztere nur im Falle des wirklich unmittelbar bevorstehenden Hungertodes zum Einsatz bringt. Er hat ein durchaus sanftes, geduldiges Naturell und ich kann wirklich nicht behaupten, dass er viel von mir verlangt. Er isst gut, er schläft viele Stunden am Stück und dazwischen liegt er mal lächelnd, mal nachdenklich auf irgendeinem Möbel. Hin und wieder gluckst er zufrieden – ich glaube, aus reiner Freundlichkeit, erspart er mir damit doch, regelmäßig aufstehen zu müssen, um nachzusehen, ob er  noch glücklich ist.
Und trotzdem habe ich nichts geschrieben!
Dabei ist es nicht so, dass ich nicht sollte. Mein zweiter Roman drängt zur Abgabe, ein neuer drängt an der Recherchefront, für eine Weihnachtslesung muss ich  zwei Texte einreichen – und auch der Blog freut sich über Material.
Aber ich schreibe nicht.
Dabei ist es nicht so, dass ich keine Ideen hätte. Gut, der Roman ist sowieso fertig geplottet, doch auch ansonsten wüsste ich viele Geschichten. Gestern Morgen erst haben mein Sohn und ich ein sehr gesprächiges Eichhorn getroffen. Herr von Knusper hieß es, Großhändler in Nüssen und als wir ihn fragten, warum sein Schwänzchen so ungewöhnlich kurz geraten war, da erzählte er uns manches Abenteuer und von wilden Kämpfen mit dem grausamen Vielfraß Jean, le Chouet.
Oder anderntags, da haben wir eine Feder in einer Pfütze gefunden, aber es war keine gewöhnliche Feder! Das haben wir gleich gemerkt, sie war nämlich ziemlich eingebildet und wollte erst nicht mit uns sprechen, doch wenn man eine Feder vor dem Ertrinken im Gully rettet, dann hat man einen Wunsch frei. Und wir, wir haben uns natürlich gewünscht, die Geheimnisse dieser Zauberfeder zu erfahren – wie nur konnte es kommen, dass -eine derart prächtige Feder so allein und schäbig gen Kanalisation trieb? Ach, das ist eine Geschichte – ich sage Ihnen, das ist das reinste Epos von Aufstieg, Verrat und Fall. Noch lange sind wir nicht am Ende, jeden Abend erzählt uns die magische Feder  aus ihrem Leben, immer neue Wendungen nimmt ihr Weg und ich weiß nicht, wo uns das noch hinführen soll.
Ja, obwohl ich so umgeben bin von Schicksalen, Abenteuern, Märchen habe ich nicht geschrieben und ich fürchte fast, ich werde auch noch bis zum Ende des Mutterschutzes nichts Längeres schreiben. Und wissen Sie auch, warum?
Weil mir meine Zeit zu schade ist. Arbeiten werde ich noch genug, jetzt bewundere ich erst einmal mein Söhnchen.

Ihre Joan Weng

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Ein Gedanke zu „Von Babys, dem Schreiben und einer eingebildeten Feder“

  1. Liebe Joan,….jetzt bewundere ich erst einmal mein Söhnchen…., das ist wunderbar. Klar und eindeutig. Auch das KIno im Kopf ist wunderbar. Dein Sohn freut sich über jede neue Geschichte.

    Eine gute, kuschelige Zeit für Euch
    Amos

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