Elf 42er, eine Gans und viel Whisky

Unser werter Kollege Horst-Dieter Radke hatte am 15.11. einen Termin in Düsseldorf, und zwar schon vormittags. Das nahm er zum Anlass, uns am Tag zuvor in Krefeld besuchen zu kommen.
Und wenn wir schon einmal so tollen Besuch haben, könnten sich doch auch andere daran erfreuen, dachte ich mir und lud ein paar 42er Autoren aus NRW ein.
Insgesamt würden wir elf sein – eine nette Runde. Davon waren zwei Vegetarier, einer schwört auf Flexi-Carb, bei einem wusste ich gar nicht, was er isst, zwei mögen keinen Käse oder überbackene Sachen. Und eine isst kein Schweinefleisch. Nur von Christoph wusste ich: Er isst, was auf den Tisch kommt und das immer voller Begeisterung.
Ich hatte mir also ein paar Speisen überlegt, aber dann, zwei Tage vor dem Treffen, hatte ich auf einmal riesige Lust, eine Gans zu braten, Klöße und Rotkohl zu machen. Rotkohl geht auch vegetarisch (an meinen kommt immer auch Speck und Gänseschmalz), Klöße sind es sowieso. Dazu habe ich dann noch Rosenkohl mit Datteln, schwedische Kartoffeln und Salat gemacht. Außerdem ein Stück Rinderfilet sous-vide. Und ein paar Vorspeisen und natürlich selbstgebackenes Brot.
Als Nachtisch hatten wir Crème brûlée und Nutellaeis.
Der Speiseplan stand, das Esszimmer war aufgeräumt, das Gästebett bezogen – es konnte losgehen.

Ulli, Samstag, 17:00 Uhr.
Gleich kommt Horst-Dieters Zug an. Ich kontrolliere die Temperatur des Sous-vide-Kochers – alles im grünen Bereich. Die Gans ist schon fertig, muss nur noch aufgewärmt werden. Die schwedischen Kartoffeln sind im Ofen.
Mein Mann Claus hat sich gerade auf den Weg zum Bahnhof gemacht, da klingelt das Telefon – es ist Horst-Dieter. Er steht leider in Duisburg auf dem Bahnsteig, weil die gute Deutsche Bahn seinen Zug nicht von Gleis zehn, sondern von Gleis eins abfahren lässt – das aber erst eine halbe Minute vorher angezeigt und keineswegs durch Sprechdurchsage mitgeteilt hat. Auch ein so agiler Mann wie Horst-Dieter kann nicht fliegen … Okay, ich pfeife also meinen Mann zurück und stelle den Ofen wieder aus. Und dann schenke ich mir ein Glas Wein ein – jetzt habe ich ja Zeit.
Wieder klingelt das Telefon. Beate will wissen, ob wir immer noch am Krüllsdyk wohnen – tun wir. Außerdem berichtet sie, dass sie im Stau stehen und vermutlich ein wenig später kommen werden.
Stau – na, die Strecke müssen auch Claudia, Christoph und Wolf fahren … dann kommen sie vermutlich auch etwas später.
Na gut, dann muss auch der Rotkohl jetzt noch nicht kochen – also stelle ich ihn aus, und schenke mir noch mal nach – eiskalter Weißwein gehört für mich zum Kochen dazu.

Christoph, Samstag, 17:00 Uhr.
Ich sitze in der Bahn, die mich zu meiner Mitfahrgelegenheit nach Krefeld bringen wird. Natürlich regnet es und aus irgendeinem Grund überrascht es mich, dass es um diese Zeit bereits dunkel ist. Kurz danach frage ich mich, auf der Herner Straße im Regen stehend, wie ich unter diesen Umständen den dunkelgrauen VW Touran meiner Blogkollegin Claudia ausmachen soll. Brauche ich aber gar nicht, denn Claudia findet mich. Interessant wird es erst auf der A40 Richtung Essen in Form eines kurzen, aber fiesen Staus. Das Navi prophezeit eine Dreiviertelstunde Verzögerung. Naiv wie ein Wurf Zwergschnauzer vertrauen wir uns der Ausweichroute unseres digitalen Freundes an. Leider sind wir nicht die einzigen und uns beschleicht die Ahnung, dass die Autobahn jetzt eigentlich leer sein müsste. Erster Anruf bei Mitfahrer Nr. 3 – Wolf P –, dass wir uns verspäten. Kurz darauf erfolgt der zweite Anruf bei Wolf P, dass wir uns noch mehr verspäten. Vollsperrung wegen eines Unfalls mit Personenschaden. Wir diskutieren den Besuch einer Dönerbude samt anschließender Rückfahrt nach Bochum, verwerfen den Plan aber sofort wieder. Wir wollen Gans! Anderthalb Stunden später als geplant winken wir einer schwarzgekleideten Gestalt auf einem Netto-Parkplatz zu. Die Gestalt winkt zurück, kommt näher, steigt ein und entpuppt sich als Wolf P. Jetzt wird alles gut.

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Ulli, Samstag, 18:30 Uhr.

Die Haustür geht auf, der Hund freut sich – Besuch. Horst-Dieter hat es endlich in meine Küche geschafft. Wir begrüßen uns herzlich. Claus stellt den Rotwein auf den Tisch, den er schon hat atmen lassen. Und dann quatschen wir. Ich schaue auf die Uhr. Es wird Zeit, den Ofen wieder anzumachen.
ChristianF hatte mir vorher schon mitgeteilt, dass seine Frau das Auto bis 18:30 braucht, er also später kommt. Nun kommt er als Zweiter und nicht als Letzter, wie gedacht. Wieder begrüßt man sich herzlich, auch Christian probiert ein Glas unseres Lieblingsweins. Aber er hat auch etwas mitgebracht, nämlich eine Kühlbox mit selbstgebrautem Bier.
Die drei Männer sprechen über Computerprogramme – böhmische Dörfer für mich, aber ich kann dann ja mal das Wasser für die Klöße aufsetzen. Und noch ein Glas Weißwein trinken.
Gleich werden die anderen kommen.

Christoph, Samstag, 19:00 Uhr.
Na endlich, wir sind da. Das Haus ist voller Leute und das ist ein schönes Gefühl. Ich kenne alle bis auf Christian, der mir sofort sympathisch ist. Er lacht viel und hat eine große blaue Box mit selbstgebrautem Bier dabei. Das überzeugt mich. Die erste Runde schmeckt aromatisch und fruchtig. Ich will mehr. Also trinke ich auch mehr. Drei Gläschen später habe ich das Gefühl, mein Bier wird gar nicht mehr leer. Ich schaue mir die Flaschen genauer an: 7% Alkoholgehalt. Mein lieber Scholli! Ich schaue mir auch Wolf P genauer an: Mein lieber Scholli! Zur Verschleierung geben wir ab jetzt vor, abwechselnd Runden einzuschenken, in Wahrheit trinken wir aber zu zweit weiter. Guuterplaan. Gannschönn zühgich sintallesorten duchbrobbiert, uhnd zwah grühntlich. Menschulli. Wann gibb’s einklich ma‘ was zu essn? Du kannzosoguut kochn …

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Ulli, Samstag, 19:30 Uhr.
Endlich sind alle da. Auch Beate und ihr Mann Alfred. Dem Flammkuchen hat es nicht so gut getan, dass ich den Ofen ein-, wieder aus- und wieder eingeschaltet habe. Macht ja nichts, gibt ja noch mehr. Ich brate den Rosenkohl an, koche die Knödel, fülle den Rotkohl in Schüssel. Claus tranchiert die Gans. Es duftet. Schnell nocheinGlaaaaaaaaasWeissssweeein. Tutdassssjut.
Das Essen is’ auffetragen, ennnlich kannich mich setzen. Puuuhhh. Essis heiß. Alle lachen, ich lache mit. Nach einem Teller sättigender Gans geht es mir besser.
Wir führen interessante Gespräche und vielleicht hat es dem ein oder anderen 42er in den Ohren geklingelt? Natürrrlich nur nette Sachen. Christoph, Beate und ich inspizieren die Whiskyvorräte.

Christoph, Sonntag, 1:00 Uhr.
Der Claus hattasooovill Whisky, da weissuchgahnich, wassu trinknsollz. Abbader Woooolf, jahaaa, der weissass doch unnauffeinmahhl tringhn wirn Dreierpack. So gaaahhhnnnzkleine Fläschchen. Sinnnntiguuht. Die Namen, die schreibichmir auffh. Ich bin immernoch nüchtern und denk: Chrischtoff, dasss Kinnerergekrackl da, das kannssuuu morgn nichmealesn. Lagabusum, Lavabudum oder Vagabusum? Issegaaaahl. Haubdsache issdo lecker. Der Glaaauus ezähldmirwas übba Rauuuch. Abba der raauuchdogaahhnich! Unicha auuunich!

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Ulli, Sonntag, 1:00 Uhr.
Hihihihi. Chrissssssstoffff is sooooooooooo luschtig. Unnich mag Beate sooooooooooooogern. Und der Woolf, achderWolf, derWolfisjaauchsonett. Undi Claudiiiiii. Hmm, hab imma gedacht, dass dienen Volvo fährt, tutse abba nich.
Ich glaubesis Zeit für den Abschied. Ochnöööö, isso nett mit euch. Schööööööööön wars. Nurnoch ein’n Absacker …
Christoph, Sonntag,  ca. 1:40 Uhr.
Derbalu, der isso … weeeiiiiiiiich! Ein riiiieeechigges Flauscheflauscheflauschefell. Abba dasssulegn machichnich. Neineinein. Wennichmich zumm Baluuuuhh auffn Boohhnleehhch, dannissier Eeennnnnde, dann dengdialle, der Chriiiischtofff, der iss vollllll. Binnichabbagaahhnich!

Claudia, Sonntag, 2:30 Uhr.
WolfP und Christoph vor ihren jeweiligen Häusern ausgeliefert, äh: abgestellt, nein, Moment, wie sag ich’s? Also: Tür auf, 42er raus, Tür zu, Gas geben. Diese Ruhrgebietsstädte sehen im Dunkeln aber auch alle gleich aus. Na ja, auch egal. Wenn die mir nicht mehr phonetisch nachvollziehbar sagen können, wie die Adresse lautet – da machste nix … Memo an mich selbst: Nächstes Mal nehme ich mir eine Flasche von Ulli mit nach Hause.

Claudia, Sonntag, 3 Uhr.
Gott sei Dank weiß ICH, wo mein Haus wohnt!

Ulli, Sonntag, 7:00 Uhr.
Drinnnnnnnnnng

Das. War. Der. Wecker.
Verdammt. Es muss so gegen drei gewesen, als ich ins Bett gegangen bin. Mit Horst-Dieter habe ich noch nach der genauen Abfahrtszeit seines Zuges geschaut, dann habe ich die Küche teilweise aufgeräumt, Spülmaschine ausgeräumt (die hatte ich vorher irgendwann angestellt), und wieder eingeräumt.
Horst-Dieters Zug fährt um halb neun.
Also stehe ich auf. Das geht ganz gut. Dann gehe ich runter in die Küche – na ja, aufgeräumt ist es nicht wirklich. Ich mache mich an die Arbeit. Soll ich den Sous-vide-Kocher anstellen und ein Onsen Ei kochen? Nein, keine Lust. Eier koche ich trotzdem, backe Brötchen auf und suche Marmelade, Käse und sonstige Dinge zusammen.
Horst-Dieter kommt herunter, begrüßt mich kurz, verschwindet im Bad.
Als er wiederkommt, sieht die Küche schon besser aus, die Brötchen sind fertig und ich koche ihm einen Kaffee.
Wir reden nicht viel, sind beide noch ein wenig groggy von gestern … na ja, heute.
Wie ist das mit dem Restblutgehalt im Alkohol? Geht. Ich kann Auto fahren.
Ich bringe Horst-Dieter zum Bahnhof – eine letzte Umarmung, dann fahre ich nach Hause und bereite das Frühstück für meine nicht-vegetarische Familie. Bacon, Rührei mit Speck, Würstchen, noch mehr Brötchen.
Schließlich laufe ich eine Runde mit dem Hund und lasse mir den Wind um die Nase wehen.
Schön war das Treffen mit den Anderen. Aber zu kurz.
Wir sollten das unbedingt öfter machen. Aber das nächste Mal lasse ich den Absacker weg. Ich glaube, der war schlecht.

Christoph, Sonntag, 10:00 Uhr.
Ich wache auf dem Sofa auf. Waren wohl ein oder zwei Bierchen im Spiel, gestern. Mittelleichte Kopfschmerzen, nichts Ernstes. Allzu viel kann es auch nicht gewesen sein, denn meine Anziehsachen liegen ordentlich über dem Stuhl und die wichtigsten Stationen des Abends kann ich problemlos abrufen. Lecker Bier, tolles Essen, Crème brûlée zum Nachtisch. Ach ja. Whisky. Viele Gespräche. Die 42er sind ein cooler Haufen, schön, dass ich dazugehöre. Ich gehe in die Küche und trinke einen halben Liter Leitungswasser. Dann lege ich mich wieder hin und schlafe zum Glück wieder ein.

Christoph, Sonntag, 11:30 Uhr.
Kopfschmerzen sind weg. Frau auch. Aber alles wird gut, die ist nur arbeiten. Ich mache mir ein erprobtes Katerfrühstück, bestehend aus reichlich gut gesalzenem Rührei, starkem Kaffee und Brötchen. Ist das gut. Ich beschließe, den Tag lesend und faulenzend zu verbringen, denn erstens fühle ich mich danach und zweitens warum nicht? Aber ich muss auf jeden Fall Ulli mailen, mal fragen, wie’s den beiden geht und mich für die selbstgemachte Seife bedanken, die auf dem Küchentisch liegt und ein Geschenk von Ulli sein muss. Und ich muss dringend fragen, wann wir uns wieder treffen.

Ulrike Renk & Christoph Junghölter

PS: Seit diesem Samstag haben wir ein neues Mitglied im Blogteam. WolfP. Er hat einige Tage gebraucht, bis er wusste, dass er die Aufnahme ins Blogteam nicht geträumt hat – so ging es den Anwesenden des Abends auch.
Aber jetzt heißen wir ihn herzlich willkommen und freuen uns über seine Mitarbeit. Prost.

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Ein Gedanke zu „Elf 42er, eine Gans und viel Whisky“

  1. Oh menno, da kann ich nur neidisch werden. Ne, nicht wirklich. Ein wunderbarer Abend,gut geschrieben. 42er Autoren eben!!! Beim durchlesen konnte ich das Essen quasi riechen, die Gläser klirren hören, und wer schnarcht da???

    Liebe Ulli,jetzt schon vermisse ich Deine Plätzchen auf der Buchmesse in Leipzig.

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