AutorInnen liebstes Helferlein: Der Computer

Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte bis ins Jetzt

Es ist genau 48 Jahre her, dass im kalifornischen Palo Alto, am Forschungszentrum Xerox PARC, der Xerox Alto vorgestellt wurde, der erste Computer mit einer grafischen Benutzeroberfläche, dazu noch in einer Größe – oder besser gesagt: Kleinheit –, die nicht den damals gebauten Computern entsprach. Der PC, oder auf Hochdeutsch: Pörsenel Kombjuda, war noch nicht geboren, zumindest nicht in der Form, wie wir ihn heute kennen. Er besaß schon die von Douglas Engelbart zehn Jahre vorher theoretisch konzipierte Maus, und es lief darauf die erste WYSIWIG-Textverarbeitung (WYSIWYG = Was du siehst, bekommst du vielleicht). Eine Besonderheit war der Preis: 12.000 $ soll die Herstellung gekostet haben, umgerechnet auf die heutige Kaufkraft rund 69.000 $. Verkauft wurde er aber erst ab 1978 zu einem Preis von 32.000 $ – und das circa zweitausendmal.

Der Xerox Alto (Bildquelle: Wikimedia commons)

Vor diesem Gerät standen damals drei junge Leute und staunten: der langhaarige Steve Jobs, der bärtige Steve Wozniak und der adrett gekleidete und frisierte Bill Gates. Bis all diese Innovationen, die sie da sahen, von ihnen jedoch für die Allgemeinheit umgesetzt wurden – der Xerox Alto wurde überwiegend im Wissenschaftsbereich eingesetzt –, musste noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen. Zwar erschien der Apple I bereits 1976 und der legendäre Apple II ein Jahr später, doch erst mit dem Macintosh im Jahr 1984 setzte Apple die grafische Benutzeroberfläche für den persönlichen Computer um. Microsoft kam mit Windows 1.0, das verdächtig wie die Apple-Benutzeroberfläche aussah, erst ein Jahr später. Von der Öffentlichkeit wurde es kaum wahrgenommen, und Windows 2.0, dass etwa 1987 erschien, diente lediglich als Basis für das neu geschaffene Excel. Erst 1990 gelang Microsoft mit Windows 3.0 der Durchbruch. Zwischenzeitlich hatten es aber noch kleinere Computer – die sogenannten Homecomputer – bis in die privaten Haushalte geschafft, allen voran der Commodore C64 (1982) und der Atari ST (1985). Letzterer schaffte es immerhin, dem Apple Macintosh bei der professionellen Musikproduktion Konkurrenz zu machen. Für den C64 wurde sogar ein grafisches Betriebssystem entwickelt: GEOS (1986), das ebenfalls stark an den Apple Macintosh erinnerte.

Billig waren derartige Geräte nicht. Der C64 kostete bei Verkaufsstart in Deutschland (1983) fast 1.500 DM. Selbst für den bereits 1980 erschienen Folientastencomputer Sinclair ZX80 musste man 498 DM berappen, was auf die heutige Kaufkraft umgerechnet mehr als das Vierfache in Euro ist.

Textverarbeitungssoftware, die Brot-und-Wasser-Software für alle AutorInnen, gibt es fast so lange, wie es Computer gibt, konzeptionell sogar schon länger. Auch die einfachen Homecomputer konnten damit aufwarten, und so manche Storys wurden bereits mit einem C64 geschrieben. Kaum jemand, der schreibt und veröffentlichen will, kann heute darauf verzichten, denn mit der Hand oder Schreibmaschine geschriebene Manuskripte werden so gut wie nicht mehr angenommen. Obwohl ein Computer durchaus erschwinglich geworden ist – auch als Klapp- und Tabletrechner –, dürfte die Anschaffung für eine auf Hartz-IV-Niveau arbeitende SchriftstellerIn doch ein zu großes Loch in das nicht vorhandene Budget reißen. Oder?

Immerhin gibt es da die Himbeere oder auf Neudeutsch: den Raspberry Pi, einen kleinen Computer auf Platine, den man für alles Mögliche einsetzen kann: zur Gartenbewässerung, zum Medienstreaming, zur Modelleisenbahnsteuerung und eben auch zur Textverarbeitung. Da er über alle nötigen Eigenschaften verfügt, hat man ihn inzwischen auch als PC konfiguriert, der alles kann, was PCs üblicherweise so können. Als reine Platinenausgabe kostet er kaum mehr als 40 Euro (in der Version Zero sogar unter 30) und als komplett ausgestatteter PC keine 100 Euro (genau 99,90).

Genügt er wirklich allen Ansprüchen, die AutorInnen heute stellen? Kann er also Textverarbeitung, Internet, E-Mail, Spiele, grafische Anwendungen und so weiter? Ich habe es ausprobiert und solch ein Ding bestellt. Der Raspberry Pi 400 kommt mit Tastatur (worin der Computer eingebaut ist wie ehemals im C64 und Atari ST), Maus, Netzteil, Kabel, allen nötigen Schnittstellen (HDMI, USB, Ethernet) und Micro-SD-Karte (auf der sich das Betriebssystem und der benötigte Speicherplatz befinden). Auch ein WLAN-Modul ist bereits eingebaut. Ein Monitor fehlt, man kann ihn aber an das vorhandene Fernsehgerät anschließen, so dies einen HDMI-Eingang hat, oder muss einen Monitor hinzukaufen.

Ein Buch zur Bedienung und Programmierung der Himbeere liegt bei, aber man braucht es fast nicht. Als ganz unbedarfte AnwenderIn vielleicht das zweite und dritte Kapitel. Auspacken – anschließen – einschalten. Danach ein bisschen Geduld, bis das Betriebssystem – das Raspberry Pi OS, eine Linux-Variante – geladen ist. Auch wenn der Begriff Linux für manche möglicherweise abschreckend wirkt – zu kompliziert, nur was für Hacker und so weiter –, ist alles halb so wild. Zunächst fühlt es sich an wie auf einem Apple-Computer. Links oben öffnet man das Menü, und siehe da: Libre Office ist bereits vorinstalliert. Man kann gleich mit dem Schreiben beginnen. Mac OS AnwenderInnen vermissen sicher das Dock, aber auch so etwas lässt sich unter Linux nachinstallieren. Und wer mit Apple Software auf dem Raspberry Pi arbeiten will, öffnet einfach den Internetbrowser, loggt sich in die iCloud ein und kann mit Pages, Numbers und Co. arbeiten. Was will AutorIn mehr?

Mit dem Speicherplatz hapert es natürlich ein bisschen. Man könnte eine größere SD-Karte nehmen (was die Geschwindigkeit anbelangt, die beste Lösung) oder über einen USB-Port eine externe Festplatte anschließen. Das alles macht das Gerät aber schon teurer als 100 Euro und trübt die Freude ein wenig. Wenn solche Hardware sowieso im Haus ist, dann ist das allerdings kein Einwand. Zum Schreiben und Surfen taugt die kleine Himbeere auf jeden Fall.

Bis zum nächsten Ausflug in die Schreibpraxis

Ihr Horst-Dieter Radke

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