Die (deutsche) Kurzgeschichte V. – Ist sie noch zu retten?

Sich mit Kurzgeschichten bei einem Verlag vorzustellen und eine Veröffentlichung anzustreben ist ein fast aussichtsloses Unterfangen. Literaturagenten werden bei solchen »kurzen Texten« ohnehin abwinken. Ist es überhaupt sinnvoll, noch Kurzgeschichten zu schreiben?

Viele tun es trotz allem und aus unterschiedlichen Gründen. Manche, weil sie denken, so eine kurze Geschichte sei einfacher zu schreiben als ein Roman. Irritiert sind sie, wenn sie von erfolgreichen »Langtext-Autoren« hören, dass diese glauben, keine Kurzgeschichte verfassen zu können. Andere sehen in der Kurzgeschichte die Möglichkeit, ihr erzählerisches Potential zu erproben und in Form zu bringen. Wieder anderen eröffnet die Kurzgeschichte die Möglichkeit des Experiments. Ich will dies hier nicht weiterführen, um nicht abzuschweifen.

Die (oder besser: meine) Antwort auf die Titelfrage ist einfach: Die Kurzgeschichte muss nicht gerettet werden. Solange es Autoren gibt, die diese Form wählen, ist es so schlecht nicht um sie bestellt. Einzig bei den Möglichkeiten zur Veröffentlichung hapert es, dennoch: es gibt sie. Die leidigen Anthologien, an denen man sich beteiligen kann, sind meiner Meinung nach noch die ungünstigsten Varianten, weil sie kaum gelesen werden, außer im Umfeld der Autoren. Aber solange man nicht dafür bezahlen muss, mag dies eine erste Gelegenheit sein, mit seinen Texten an eine – wenn auch begrenzte – Öffentlichkeit zu treten. Literaturzeitschriften bieten ein weiteres Forum, mit seinen Texten zu reüssieren.

Geld erhält man selten für seine Geschichten, weder bei Anthologieprojekten noch bei Literaturzeitschriften (Ausnahmen bestätigen die Regel). Aber man hat mit solcherart veröffentlichten Texten die Möglichkeit, bei Literaturpreisen Berücksichtigung zu finden. Sowohl der »Deutsche Science-Fiction-Preis« als auch der »Kurd Laßwitz Preis« zeichnen jährlich nicht nur Romane, sondern auch Kurzgeschichten und Erzählungen aus, die im vorangegangenen Jahr veröffentlicht wurden. Gleiches gilt auch für die Preise des Krimi-Genres »Friedrich Glauser Preis« und die »Goldene Auguste«. Letzterer wird allerdings nur alle drei Jahre verliehen.

Dies sind nicht die einzigen Preise, die für Kurzgeschichten vergeben werden. Es gibt zahlreiche regionale und überregionale Preise, für die man sich mit seinen Texten bewerben kann. Ein Blick in die Liste bei Autorenwelt oder Literaturport zeigt auf den ersten Blick ein Angebot, das zu überschauen schwer fällt. Mit wenig Mühe findet man jedoch die Ausschreibung(en), die für das eigene Werk geeignet scheinen. Auf einen ganz besonderen, ausschließlich der Kurzgeschichte gewidmeten Preis erlaube ich mir an dieser Stelle hinzuweisen: den »Putlitzer Preis«.

Die Beteiligung bei solchen Ausschreibungen ist groß. Man sollte sich deshalb mit einem Text bewerben, der nicht einfach hingeschnoddert, sondern gut geschrieben ist, damit man überhaupt ins Blickfeld der Jury rückt. Wie man eine wettbewerbstaugliche Kurzgeschichte schreibt, darüber sage ich einiges in meinem letzten Beitrag zur »Deutschen Kurzgeschichte«.

Bis dahin wünsche ich Ihnen viel Motivation, Anregung und Gelegenheit zum Schreiben von Kurzgeschichten.

Ihr Horst-Dieter Radke

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