„Recklinghausen, 5.41 Uhr, wieder mal reisen. Perfekter Halt an der Bushaltestelle: der 233er. Zwischenstopp Münster, es ist ziemlich früh. Perfekter Sitz: Wagen 5 / Platz 32. Weiterfahrt nach Kiel, die Sonne brennt. Perfekter Schutz: der Regenschirm.“
Endstation Preetz, kurz vor zwölf, die Frisur sitzt längst nicht mehr. Wir auch nicht, zumindest nicht im Regionalexpress der Schleswig-Holsteinischen Verkehrsbetriebe, der uns soeben erbarmungslos dem Zielbahnhof überlassen hat und nun mit wehenden aufgeklebten Fahnen samt Slogan „Der echte Norden“ davoneilt. High Noon im echten Norden also. Wir schauen uns an, nicken uns kurz zu. Wir bleiben – komme, was wolle, denn wir haben eine Mission.
Der Preetz`sche öffentliche Personennahverkehr scheint seine eigene Mission zu verfolgen. Der letzte Bus des Tages lässt uns am Busbahnhof links liegen und reitet ohne uns vom Hof. Will sagen: vom falschen Bahnsteig. Wir schauen uns an. Echt jetzt? Wir nicken uns kurz zu, nehmen Gepäck und Beine in die Hand und laufen auf Schusters Rappen zum Hotel, in das wir für das 42er-Wochenende einquartiert sind. Preetz, die „Schusterstadt“. Wenn der Name Programm ist. Zumindest hat es aufgehört zu regnen. Der echte Norden erweist sich für eine halbe Stunde und dreieinhalb Kilometer als gnädig.
Wir sind einen Tag früher angereist: Kurzurlaub genießen, Lage checken, Gegend erkunden. Fazit: Gegend hat es hier rund ums Hotel viel, in Relation zur Menge der Gegend nur wenig Beförderungsmöglichkeiten. Immerhin treffen wir auf einer unserer Fahrradtouren (mit den hippen Leihrädern der „Sprottenflotte“) den Busfahrer vom Vortag wieder. Er steht an der Ampel, wir schauen uns an, nicken uns kurz zu. Wir wissen, was du letzten Mittag getan hast! Er hebt entschuldigend die Hand. Der echte Norden eben: Hier regelt man das ohne viele Worte. Wir sind quitt.
Nach und nach trudeln am Freitag weitere sieben Mitglieder und noch eine Begleitperson im Hotel ein. Wie schön ist solch ein 42er-Wiedersehen doch jedes Mal – ganz gleich, in welcher Konstellation! Nach unzähligen virtuellen Plaudermeetings und Vorstandssitzungen endlich wieder live, in Farbe und bunt. Viel Zeit zum Plaudern und Sitzen haben wir allerdings nicht, denn traditionsgemäß ruft am Vorabend der Mitgliederversammlung die Freitagslesung. Das wunderbare Wochenende haben in diesem Jahr Kristin Lange und Karen Lark organisiert, in deren Buchhandlung in Plön findet auch die Veranstaltung statt.
Die Rückschau: Wie immer, wenn die 42er aus ihren Werken lesen, war es eine kurzweilige Mischung an Themen, Texten und Textsorten! Auch wenn das Foto uns glauben machen will, Kristin Lange sei eher der nachdenkliche literarische Typ: Ihre Kurzgeschichte über ein Paar in Schieflage war mit einigen Schmunzlern und Wortwitz garniert.
Auch in Dorrit Bartels Kapitel aus ihrem Afrika-Romanprojekt rund um den Protagonisten Adane prallten unterschiedliche Sichtweisen über das Konzept von Paarbeziehung aufeinander.
Kulturell sehr informativ, inspirierend (fanden einige anwesende Männer) und ebenfalls mit zahlreichen heiteren Momenten. Nicht ganz so weit gereist für die Recherche zu seinem Text war Jürgen Block: Bei ihm ging es um einen deutschen Wanderweg in der Lüneburger Heide. Nacktwanderweg. (Da die Veranstaltung noch unter „Vorabendprogramm“ lief, verzichteten wir auf eine Bebilderung des engagierten und – äh: weitläufigen – Vortrags, und Jürgen durfte auch die Kappe aufbehalten, Anm. d. Red.)
Ich selbst füllte die Leseslots zwischen den Beiträgen der anderen mit Texten, die ich sonst bei Poetry Slams auf die Bühne bringe. Karen Lark berührte uns mit einer Kurzgeschichte über Freundschaft und freute sich riesig über die großartige Lesung der 42er in ihrer Buchhandlung (siehe Beweisfoto). Das Publikum war einstimmig der gleichen Meinung: Daumen hoch!
Nach diesem fulminanten Einstieg in das gemeinsame 42er-Aprilwochenende stand am Samstagmorgen die Mitgliederversammlung auf dem Plan. Nicht ganz so fulminant, aber dafür funktional und funktionierend, freudig und freundlich, fortschrittlich und so fort. Mit Ulrike Maier und Joachim Off waren zwei Drittel des Vorstands vor Ort, und gemeinschaftlich wurde die erste Mitgliederversammlung unter dem aktuellen Vorstand gewuppt. Natürlich gilt: „Was bei der MV passiert, bleibt bei der MV!“ Geheime Geheimsachen nach deutschem Vereinsrecht. Aber so viel können wir verraten: Auch in Zukunft wird es Projekte, Wettbewerbe, Lesungen und Zusammenkünfte geben – gemäß unserem Motto „Keiner schreibt allein“. Aber das ist eine andere Geschichte.
Nicht erst nach der Versammlung musste sich Vorstandsmitglied Joachim Off warm anziehen, denn es war sehr kalt. Und windig. (Fragt nicht nach der Frisur!)
Vorstandsmitglied Ulrike Maier wusch ihre Füße in Unschuld und stellte gleichzeitig klar, dies sei kein Zeichen dafür, dass der Vorstand oder gar der Verein baden gehe. (Puh …)
Das Fußvolk stand geschlossen hinter dem Vorstand, den verklärten Blick visionär auf die Zukunft gerichtet. (Oder auf die Segelboote vor Laboe, ich weiß nicht mehr genau.)
Jedenfalls: Das Wochenende im echten Norden war echt schön! Es wurde deutlich: Wir 42er:innen stehen zusammen, wir sind auf dem Sprung. Keine:r friert allein – äh: schreibt, muss es heißen. Schreibt! Der April macht ja bekanntlich, was er will. Mag sein, aber Verein ist, was wir draus machen. In diesem Sinne.
Ihre/Eure Claudia Kociucki
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