… dann und wann. Jedenfalls nicht in Scharen, wie ich es als Kleinkind noch erlebt habe. Aber bereits 1974 sang Reinhard Mey: „Es gibt keine Maikäfer mehr“, was aber nicht nur der Namensähnlichkeit wegen nicht ganz stimmte. In einem Paderborner Lokal fand ich Anfang der 1980er auf der Speisekarte die „Maikäfersuppe“, die nur saisonal angeboten wurde, was ich damals als Kuriosität und Witz ansah. Aber kürzlich entdeckte ich in einem alten Periodikum aus dem späten 19. Jahrhundert einen Artikel mit dem Titel „Maikäfersuppen, ein vortreffliches und kräftiges Nahrungsmittel“.
So sah es also aus. Insekten auf dem Speiseplan kannte man nicht nur in Asien, sie waren auch hier in Europa beliebt. In dem Artikel wurde sogar erzählt: „… unsere Studenten essen sie nach abgerissenen Füssen roh, ganz wie sie sind, und nicht wenige ohne den geringsten Nachtheil; in vielen Conditoreien sind sie überzuckert zu haben und man isst sie candirt an Tafeln zum Nachtische.“ Wohl bekommt’s. Dabei ergab eine genauere Untersuchung der Inhaltsstoffe, dass das fette Öl, das im Käfer enthalten ist „grünlich-bräunlich, nur in dünnen Schichten ganz durchsichtig, klar, von sehr widerlichem Geruche, erst mildem, später kratzendem Geschmacke“ ist. Für alle, die es dennoch einmal versuchen möchten, hier das Rezept.
Man benötigt dazu die „Käfer, von welchen man 30 Stück auf eine Person rechnet, werden, so wie sie gefangen sind, gewaschen, dann ganz in einem Mörser gestossen, in heisser Butter hart geröstet und in Fleischbrühe aufgekocht, fein durchgeseiht und über geröstete Semmelabschnitte angerichtet. Ist die Bouillon auch schlecht, so wird sie doch durch die Kraft der Maikäfer vorzüglich, und eine Maikäfersuppe, gut bereitet, ist schmackhafter, besser und kräftiger, als eine Krebssuppe; ihr Geruch ist angenehm, ihre Farbe ist bräunlich, wie die der Maikäferflügel.“
Erfahrungsberichte derjenigen, die das diesen Mai ausprobiert haben, nehmen wir gerne entgegen und veröffentlichen sie hier im Blog.
Horst-Dieter Radke
Achtung! Hier ist noch nicht Schluss. Es geht noch weiter:
Als Kind bin ich oft mit meiner Oma auf den großen Wochenmarkt in Stuttgart gegangen – er ist vor allem samstags wirklich ziemlich eindrucksvoll. Es gibt dort so ziemlich alles, von Fisch über Käse über Gemüse und Obst – regional, exotisch und/oder bio– bis hin zu Blumen. Für mich als Kind aber bestach der Wochenmarkt besonders durch seine Nähe zum Spielwaren-Kurz, dessen Schaufenster so voller Träume aus dem Sortiment der Firma Steiff waren, dass meine Oma mich schon mal davor absetzte und einkaufen ging – undenkbar heute, aber in den 80ern wunderte sich darüber niemand.
Meistens aber begleitete ich sie geduldig, und dafür gab es immer eine kleine Belohnung – ein paar Kirschen, Erdbeeren oder im Winter auch mal einen Lebkuchen.
Einmal aber, da kamen wir an einem Stand vorbei, der bedrohlich summende Tüten anbot – ob es dort noch etwas anderes gab, kann ich nicht mehr sagen, aber der Verkäufer erklärte uns, dass sich darin lebendige Maikäfer befänden. Ich war begeistert, so eine wollte ich unbedingt, und am Ende unserer Gemüserunde kauften wir eine der braunen Papiertüten. Ich weiß noch, dass sie mir sehr schwer vorkam – allerdings kann ich auch kaum älter als vier Jahre gewesen sein. Mit unserer unruhig zitternden, seltsam brummenden Beute gingen wir dann in den Schlossgarten, und da, da haben wir die Tüte einfach aufgerissen.
Eine schwarze Wolke ist ihr entstiegen und verschwunden.
Ich erinnere mich, dass ich ein bisschen enttäuscht war und beim nächsten Marktgang wieder eine Süßigkeit zur Belohnung wollte – wobei mir erst heute dank Horst-Dieters Beitrag klar wurde: Wir hätten die Maikäfer nur kandieren brauchen, und schon hätten wir eine Nascherei gehabt … Wohl bekomm’s!
Joan Weng
Und wer jetzt richtig Appetit bekommen hat, kann gern noch einmal bei Herrn Mey hinneinhören.