Jürgen Block: Ein Tag in der Hose meiner Frau

Im Hopi, der Stammkneipe meiner Schulzeit, hing die Indianerweisheit an der Wand, dass der große Geist einen davor bewahren solle, über einen Menschen zu urteilen, ehe man nicht einen Mond in seinen Mokassins gegangen sei. Nun passen meine Füße nicht in Sorayas Gartenklotschen, aber ich bekam unerwartet Gelegenheit, diesen Spruch mit Leben zu füllen, als ich einen Tag in ihrer Hose verbrachte. Und das kam so:

Wir fuhren, wie jeden Herbst, nach Mecklenburg zu unseren Freunden, wo wir uns um Hof und Garten des ehemaligen Forsthauses kümmerten. (Randnotiz: Dieses Wochenende war der Gang in den Wald tabu, da die Bürgermeisterin mit den Jagdpächtern des Ortes eine Treibjagd angesetzt hatte. Ich hatte mich als Treiber gemeldet, aber darüber werde ich später mal erzählen, wenn Soraya nicht dabei ist.

Zurück zum Thema.) Sorayas Arbeitshose hatte die gleiche Farbe wie meine, so nahm das Unglück seinen Lauf und landete in unserem Weekender.

Als wir uns Samstagfrüh zur Arbeit bereit machten, hatte ich den Salat. Rein kam ich noch, aber beim Zuknöpfen sperrte sich die Hose, der Knopf war plötzlich an der falschen Stelle: er links, rechts das Loch, hä, was war hier denn los?

Soraya fielen sofort die kurzen Beine auf. Ich sah an mir herunter. Ich konnte nicht sagen, was, aber irgendwas fühlte es sich nicht ganz rund an. Es dauerte, bis der Groschen fiel. Es war Sorayas Hose!

„Bravo, passt“, sagte sie.

Der Bund gab nach.

„Jetzt zieh schon zieh den Reißverschluss hoch.“

Aber das war gar nicht so einfach, weil alles spiegelverkehrt war. Nur ich war noch derselbe, der in Sorayas Hose gestiegen war.

„Geht doch. Oder hast du eine Ersatzhose dabei?“

Hatte ich natürlich nicht.

Probeschritte.

„Und?“

Etwas eng im Schritt, obwohl genügend Luft nach unten war. Jetzt bedauerte ich es doch, dass das Geschlecht kein reines soziales Konstrukt ist.

„Jammer nicht, draußen wartet die Arbeit auf dich.“

Es ging tatsächlich. Auch mit einer Hose, die an allen möglichen und unmöglichen Stellen aneckte, ließen sich die Abbrucharbeiten mit Murker und Brechstange verrichten. Dann Rasenmähen, Laubharken, Brennholzstapeln: Alles einwandfrei, die Hose wurde mir zur zweiten Haut. Ich fühlte mich fast wie zu Hause.

Wären da nicht die verhexten Hosentaschen gewesen, in die die Hände nur halb reinpassten. Hallo, wie soll man da coole Haltung annehmen und, tief in der Hose vergraben, die wichtigsten Dinge ordnen? War das schon mal jemandem aufgefallen, dass die Vordertaschen der Frauenhose auf halbem Wege ganz schicklich zugenäht sind?

Da lebt man seit dreiunddreißig Jahren Seit‘ an Seit‘ und Naht auf Naht, hat einen Schwung Kinder gezeugt und großgezogen, etliche Lebensstürme bestanden, und dann macht man auf seine reifen Tage die Entdeckung, dass man in total verschiedenen Hosenwelten steckte.

Soraya, wusstest du, dass die weibliche Frauenhose dem Träger das Leben abschnürt? Du Arme hast dein ganzes Leben in einer lustfeindlichen Hose verbracht. Sauerei!

So, und jetzt will ich wieder in meine rein, sagt

Ihr Jürgen Block

PS: Blog-Chefin Joan Weng teilte mir vertraulich mit, dass es für ihre Generation ganz selbstverständlich sei, mit dem Partner die Hosen zu tauschen. Wow, da werden wir Boomer ja noch ein Stück neidischer auf Euch!

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