Nur den Scheck einstecken, oder auch wissen wollen, woher die Kohle kommt?

Freitagabend, 18:54 Uhr. Ich sitze verschwitzt im Meistersaal, Köthener Straße 38, unweit vom Potsdamer Platz. Der Saal ist nicht ganz voll, aber doch so ziemlich. Ich schätze 120 – 150 Personen, die anwesend sind. Anwesend für die Versammlung der Wahrnehmungsberechtigten der VG Wort, also für alle diejenigen, die einen Vertrag mit der Verwertungsgesellschaft geschlossen haben, ihre Rechte gegenüber Verwertern zu vertreten. Ich war schon im Vorfeld überrascht, wie wenige sich für diese Versammlung interessieren. Ein gutes Wort hatte aber kaum jemand für die VG Wort, nachdem der Bundgerichtshof im April den Verteilungsplan, der auch eine Verlegerbeteiligung vorsieht, für ungültig erklärt hat.

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Die beiden Vorstände Dr. Robert Staats und Rainer Just erläutern zunächst den Geschäftsbericht. Der lag schriftlich zwar schon vor, aber manches wurde so doch noch etwas klarer und verständlicher. So etwa der Posten von 150 Millionen Euro, den VG Wort von der Geräteindustrie für die Jahre 2001 bis 2007 ausgehandelt hat und die diesen Sommer zur Verteilung kommen. Auch über noch offene Verhandlungen (z.B. für Tabletts und Mobiltelefone, die im nächsten Jahr zum Tragen, bzw. zur Ausschüttung kommen könnten).

Dann sollte es zu einer Aussprache kommen. Dazu gab es drei Mikrofone im Saal: links, im Mittelgang und rechts.

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Interessanterweise war die Kritikerfraktion um Martin Vogel (das ist der, der gegen VG Wort geklagt und in letzter Instanz beim BGH gewonnen hat), komplett links zu finden. Gleich einer der ersten Fragesteller trat recht aggressiv auf, wollte wissen, ob sich der Vorstand bei den Autoren entschuldigen würde, ob die den Autoren vorenthaltenen Gelder verzinst würden und was, Bitteschön, die VG Wort auf Urheberrechtveranstaltungen zu suchen hätte, die sich nicht allein nur um Autoren kümmern würden. Ich glaube es waren noch ein paar andere heftige Anklagen dabei. Es hat mich beeindruckt, wie ruhig der Vorstand, insbesondere Dr. Staats auf diese Angriffe einging. Manch anderer wäre bei wenig direkteren Angriffen schon an die Decke gegangen. Man war aber bemüht, die Position zu erläutern (Rechtsunsicherheit ab 2012) und die Situation klar zu machen. Die Haltung der Gruppe um Martin Vogel, alles gehöre den Autoren und so zu tun, als hätte man sozusagen Weisungsrechte gegenüber dem Vorstand, waren ja auch ziemlich schräg und wurde keineswegs von allen – auch nicht von allen Autoren – geteilt. Das die Verwertungsgesellschaft 1958 von Autoren und Verlegern gegründet wurde, ignorierte diese Fraktion vollständig.

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Ein bisschen kleinlauter wurde dieser Aggressor später, als Nina George engagiert ihre Position (als Autorin und Mitglied in diversen Gremien) erläuterte und um Verständnis für die Arbeit der Verwertungsgesellschaft warb, nicht ohne gezielte Seitenhiebe, die auch ankamen. So der zur Mitarbeit in den Gremien der VG Wort, wozu es natürlich einer Mitgliedschaft im Verein bedarf.

Die Versammlung der Wahrnehmungsberechtigten hat keine Entscheidungskompetenz. Es ist eher eine Art Rechenschaft des Vorstands denjenigen gegenüber, die einen Vertrag abgeschlossen haben. Ich meine, dass diese jährliche Gelegenheit ruhig von mehr Autorinnen und Autoren genutzt werden sollten. Man hat dann auch ein besseres Hintergrundwissen, um all dieses einseitige Geplänkel um eine „vermeintliche“ Urheberrechtspauschale. Ich bin mir nicht sicher, ob die Autoren mittelfristig gut bedient wären, wenn sie den Herren Vogel und Hillebrandt in eine einzig Autoren zur Verfügung stehenden Verwertungsgesellschaft folgen würden. Das hat schon vor 1958 nicht geklappt. Die VG Wort entstand erst, als die Autoren sich mit den Verlegern zusammenschlossen. Dies ist bis heute in der Präambel der Satzung präsent:

»Die Entwicklung des Urheberrechts erfordert den Zusammenschluss der Wortautoren und ihrer Verleger zu einer Gesellschaft, die die Verwertungsmöglichkeiten wahrnimmt …«

Das BGH-Urteil widerspricht übrigens der Verlegerbeteiligung nicht, sondern erklärt lediglich den derzeitigen Verteilungsplan für ungültig. Nun muss ein neuer her. Dazu gibt es im September eine außerordentliche Mitgliederversammlung. Die offizielle ist morgen. Ob ich darüber im Blog berichte, weiß ich noch nicht. Mal abwarten, was da passiert. Außerdem wird die Eine oder der Andere möglicherweise doch so neugierig, um selbst nächstes mal zur Versammlung zu fahren oder gar Mitglied bei der VG Wort zu werden.

Ihr (inzwischen rechtschaffen müder)

Horst-Dieter Radke

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