Solange es Frauen gibt, wie soll da etwas vor die Hunde gehen?*

Djuna Barnes – zum Geburtstag der „berühmtesten Unbekannten ihrer Zeit“

„Das Leben ist qualvoll, gemein und kurz. In meinem Fall war es nur qualvoll und gemein“, soll sie gesagt haben. Kein Wunder, denn die mit fast genau 90 Jahren gestorbene Djuna Barnes hat zeit ihres Lebens gegen die Phantome ihrer Kindheit ankämpfen müssen.

Djuna wächst auf einer Farm im Staat New York auf, wird von Vater und Großmutter sexuell missbraucht, eine Erfahrung, die sie immer wieder literarisch thematisieren wird. Mit 19 zieht sie in die Bronx, beginnt zu malen und zu schreiben. Als freie Mitarbeiterin schreibt sie für verschiedene Zeitungen. Sie beginnt auch, Gedichte und Theaterstücke zu schreiben, in denen sie auch selbst spielte. Nach einer kurzen, missglückten Ehe geht Djuna nach Paris. Dort begegnet sie der Künstlerin Thelma Wood, mit der sie ab 1923 zusammenlebt. Beide leben ihre Partnerschaft als offene Beziehung, allerdings leidet Djuna sehr unter den Affären Thelmas. Sie trinkt viel und verarbeitet ihre Gefühle literarisch.

Im „Ladies Almanack“ macht sie sich über die Pariser Lesbenzirkel lustig. Stilistisch orientiert sie sich am 17. und 18. Jahrhundert, treibt Wortspiele wie James Joyce und handelt sich durch homoerotische Szenen ein Veröffentlichungsverbot in den USA ein.

Ihr erster Roman „Ryder“ beschreibt die neurotischen Beziehungen einer Familie, die der ihren sehr ähnlich ist. Die Vater-Tochter-Beziehung und der Inzest sind zentrale Themen.

Beide Werke erscheinen 1928 und finden kaum großen Zuspruch. Ihr Stil ist ironisch bis grotesk und kaum tauglich für ein Massenpublikum.

1936 – sie hat sich von Thelma Wood getrennt und lebt seit 5 Jahren bei Peggy Guggenheim  – erscheint der Roman „Nightwood“, Djunas wichtigstes Werk. Das Buch erzählt die turbulenten Beziehungen von fünf homo- und heterosexuellen Protagonisten im Paris der Zeit zwischen den Weltkriegen. Darin verarbeitet Djuna ihre Liaison mit Thelma Woods.

1939 kehrt sie nach New York zurück, wo sie von den Zuwendungen Peggy Guggenheims lebt und sich immer stärker isoliert. Bis zu ihrem Tod am 18. Juni 1982 wird sie nur noch ein Theaterstück schreiben, das die Literaturwelt erwähnenswert findet. In „Antiphon“, 1958 erschienen, thematisiert sie ihr Kindheitstrauma, den Inzest, allerdings steht diesmal die Beziehung zur Mutter im Zentrum des Werkes.

Ihre Zeichnungen und Gemälde stellt Peggy Guggenheim 1943 in ihrer Galerie aus. Diese Ausstellung ist der einzige Schritt in das Licht der Öffentlichkeit als bildende Künstlerin.

Djuna Barnes wäre heute 124 Jahre alt geworden. Ihre Werke „Nightwood“ und „Antiphon“ sind bei Suhrkamp erschienen und immer noch erhältlich. Weit mehr gibt es auch antiquarisch zu entdecken.

*Das Buch „Solange es Frauen gibt, wie soll da etwas vor die Hunde gehen?“ erschien 1997 in deutscher Sprache und enthält acht Portraits außergewöhnlicher Frauen aus der Feder von Djuna Barnes.

Ihr Wolf P. Schneiderheinze

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