Von der Auswirkung des Regens auf das Liebesleben der Autoren

„Ich glaube man schreibt besser, wenn das Klima schlecht ist. Ich möchte ein ganz miserables Wetter …“, so begründet Helmholtz Holmes-Watson, heimlicher Autor und eigentlicher Held aus Aldous Huxleys Roman ‚Schöne neue Welt‘, dass er sich für seine Verbannung die Falklandinseln ausgesucht hat.

Angesichts unseres neuen Wonnemonats November beschäftigte mich dieses Gedankenkonstrukt massiv: Schreiben wir wirklich besser, wenn es draußen stürmt? In der Theorie mag das ja stimmen: Romantischer Regen an der Scheibe, sich im Wind wiegende Platanen, eine dampfende Tasse Tee neben der Schreibmaschine und der Autor, der im Takt der Tropfen unsterbliche Verse tippt. In der Praxis neigt allerdings zumindest diese Autorin dazu, bei starkem Regen die Arbeit gänzlich einzustellen und bei ihrer Freundin in Wuppertal anzurufen, denn da ist das Wetter meistens besser als in Tübingen (TATSACHE!), und zweitens ist Regen auf Dachfenstern viel zu gemütlich, um wirklich konzentriert zu bleiben.

Als meine literarische Produktion diesen Mai jedoch immer spärlicher wurde, fragte ich einen befreundeten Schriftsteller, wie denn er mit dem schlechten Wetter zurechtkäme. Er sah mich groß an und erklärte, er schreibe sowieso immer nachts und bei geschlossenem Fenster, da sei ihm das Wetter doch egal.

Langsam kamen mir Zweifel – überhaupt, wenn Helmholtz recht hat, warum sitzen die wirklich erfolgreichen Autoren dann so gern im Süden?

Gut Hemingway, der konnte vielleicht tatsächlich einfach nicht mehr besser werden, dem sei’s gegönnt, in Kuba in der Sonne zu aalen; aber zum Beispiel Goethe oder Heine, die zog’s auch ins Warme – ganz ohne literarischen Qualitätsverlust. Und dann erst die Horde der Bestsellerautoren unserer Zeit, die haben alle wenigstens ein anständiges Ferienhäuschen in LA oder – wenn sie nur so ein bisschen sehr erfolgreich sind – im sonnigen Cornwall.

Den Todesstoß erhielt Helmholtz Theorie jedoch, als ich mir die Mühe machte, mal nachzusehen, wo denn weltweit das schlechteste Wetter herrscht: Auf dem Mount Washington, im US Bundesstaat New Hampshire. An 110 Tagen übersteigt die Windgeschwindigkeit dort Hurrikanstärke und die Temperaturen fallen gern unter die Minus 40. Kennen Sie einen Autor, der dort wohnt? Irgendeinen?

Aber vielleicht hat Helmholzt doch recht? Warten wir’s einfach ab, denn nach diesem Mai müsste der deutsche Buchmarkt ja demnächst geradezu überquellen von köstlichen, geschliffenen, pointierten Meisterwerken.

Und wenn Sie sich jetzt fragen, was der Titel mit dem Inhalt zu tun hatte, dann fragen Sie sich einfach weiter: Hätten Sie einen Artikel mit der Überschrift „Regen und seine Auswirkungen auf die literarische Produktion“ gelesen? Eben!

Ihre Joan Weng

 

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