Alte Bücher lesen – Olga Pöhlmann: Maria Sibylla Merian, 1935

Olga Pöhlmann wurde 1880 als Tochter von Christoph Heinrich und Klothilde Hermine Krauß in Kitzingen geboren. Ihre Vorfahren waren Rangschiffer auf dem Main, die Waren zwischen den Städten hin und her schifften. Der Großvater Bernhard kam dabei über den Rhein bis nach Rotterdam. Der Vater war kein Schiffer mehr, sondern Exportkaufmann, ging aber dafür auf Reisen und gründete in London ein „Kaffee-Engrosgeschäft“. Olga schrieb bereits als Schülerin Gedichte und Novellen, die später unter dem Titel „Fränkisches Mosaik“ veröffentlicht wurden. Im Jahr 1901 heiratete sie den Theologen und Philosophen Prof. Dr. Johann Adam Pöhlmann und zog mit ihm nach Nürnberg. 1912 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Die arme Stadt“, und es folgten weitere mit vorwiegend historischen Themen sowie einige Jugendbücher. Ihr erfolgreichster Roman war der über Maria Sibylla Merian, der 1935 in der Büchergilde Gutenberg herauskam.

Die Autorin beschreibt in ihrem Roman das Leben der Grafikerin und Naturforscherin Maria Sibylla Merian (1647–1717), Tochter des berühmten Kupferstechers Matthäus Merian (1593–1650), von ihren Kindertagen in Frankfurt am Main bis zu ihrer Ankunft in Surinam. Sie versetzt sich dabei so tief in die Innenwelt der Protagonistin, dass es keine Schwierigkeiten bereitet, ihren Lebensweg als logische Konsequenz nachzuvollziehen. In einem Nachwort, das sie mit „Die historische Maria Sibylla Merian“ betitelt, steckt sie noch einen weiteren Rahmen, bis hin zu einem knappen Verweis auf das weitere Leben ihrer beider Töchter. Sehr schön wird deutlich, an welchen Stellen sie sich mangels genauer Kenntnisse der Umstände dichterische Freiheiten nahm. Besonders beeindruckend fand ich die Erzählung, wie sich Maria von der Sekte des Jean de Labbadie löste. Die Sprache Pöhlmanns ist wenig sensationsheischend, eher langsam und breit erzählend, wenngleich durchaus Spannung aufkommt, etwa wenn sie von dem Sturm bei der Überfahrt nach Südamerika berichtet.

Ich habe das Buch gern gelesen (sogar vorgelesen) und nicht bereut, dass ich es den anderen Romanen über Maria Sibylla Merian vorgezogen habe. Olga Pöhlmann war vermutlich die Erste, die sich dieser starken Frau annahm. Weitere folgten: Werner Quednau (Maria Sibylla Merian) 1961, Utta Keppler (Seidenraupe, Dschungelblüte) 1977, Charlotte Kerner (Die Falterfrau) 1998, Inez van Dullemen (Die Blumenkönigin) 2002, Ruth Kornberger (Frau Merian und die Wunder der Welt) 2021 und Alexander Schwarz als bislang Letzter im Jahr 2022 (Die Entdeckerin der Welt).

Olga Pöhlmann starb im Jahr 1969 in Nürnberg. In ihrer Heimatstadt Kitzingen hat man sie nicht vergessen. Ihr Geburts- und Wohnhaus in der Mainstockheimer Straße 15 steht noch. Aber auch die Nürnberger erinnern sich noch an sie, denn einundzwanzig Jahre nach ihrem Tod wurde im Nürnberger Stadtteil Mögeldorf eine Straße nach ihr benannt. Ein Garten, der nach ihr benannt ist, befindert sich bei der Kaiserburg.

Bis zum nächsten Bericht über alte Schmöker

Ihr Horst-Dieter Radke

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