Cordula liest: Michelle Obama – Becoming, Meine Geschichte

Wenn ich den Namen Michelle Obama höre, denke ich sofort an ein Foto, das vor ein paar Jahren durch die Presse ging und sie und Barack Obama zeigt. Die beiden kommen anscheinend gerade von einem offiziellen Event, er ist im Smoking und sie im Abendkleid. Sie befinden sich gerade in einem Lastenaufzug, umgeben von Sicherheitsleuten oder ähnlich beauftragten Männern, die dezent im Hintergrund stehen. Michelle und ihr Mann stehen sich gegenüber und sind offenbar bestens aufgelegt, sie trägt sein Jackett über den Schultern.

Auf mich wirken die beiden auf dem Bild wie ein Paar, das sich auch nach langer Ehe etwas zu sagen hat, auf Augenhöhe miteinander umgeht.

Dieses Foto und mein Eindruck dazu waren ein Grund für mich, nach dem Buch von Michelle Obama zu greifen. Becoming – allein der Titel machte mich neugierig. Wie war wohl ihre Entwicklung? Wie ist sie aufgewachsen, was sind ihre Wurzeln? Wie hat sich alles entwickelt, bis sie schließlich die First Lady der USA wurde?

Ich habe schon immer weniger die Politik analysiert, sondern habe eher Interesse am Verhalten der einzelnen Menschen. Was sind Michelle und Barack für Typen? Was haben sie für eine Beziehung? Würde ich das in dem Buch finden?

Schon auf der ersten Seite hat Michelle Obama mich gepackt. Sie schreibt, als säße sie mir bei einem Kaffee gegenüber und erzählte ganz entspannt von ihrem Leben. Nichts wirkt trocken, nichts langatmig, obwohl sie zum Beispiel sehr ausführlich über ihre Kindheit in der South Side von Chicago berichtet.

Sie erzählt von ihren Großvätern „Southside“ und „Gramps“, die beide sehr unterschiedlich damit umgehen, dass sich ihre Träume nicht verwirklichen ließen. Sie beschreibt, wie schwierig es war – und sicher immer noch ist –, als Afroamerikaner in den USA einen besser bezahlten Job zu bekommen, nicht nur auf Mauern zu stoßen.

An anderer Stelle beschreibt sie, wie wichtig es ist, sich nicht von Zweifeln verunsichern zu lassen. Wie negative Veränderungen oft mit leisen Zweifeln beginnen, bevor es mit der Situation bergab geht, sei es mit einem persönlich oder mit einem ganzen Stadtviertel, und wie wichtig von daher ein gesundes Selbstbewusstsein ist, für das sie sich während ihrer beruflichen Laufbahn immer wieder starkmacht.

Sie erzählt nicht nur ihre Geschichte, sie reflektiert sie auch kritisch und bringt sie in Zusammenhang mit der amerikanischen Gesellschaft, wodurch sie manchen Aha-Effekt bei mir auslöst.

Bisher habe ich erst die Hälfte des Buchs gelesen, und Michelle Obama ist gerade als Wahlkampfhelferin ihres Mannes unterwegs, aber trotzdem möchte ich es Ihnen schon jetzt ans Herz legen. Es ist interessant, in das Leben einer selbstbewussten Afroamerikanerin im Amerika der Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahre einzutauchen, die manches Mal nicht weiß, in welche Welt sie gehört. Mitzuerleben, wie sie sich nicht nur beruflich, sondern auch menschlich weiterentwickelt. Offen und ehrlich erzählt Michelle Obama ihre Geschichte, ohne sich selbst zu schonen oder sich vermeintlich ins beste Licht zu rücken.

Obwohl der Ausgang der Geschichte klar ist, fiebere ich momentan mit, ob Michelle und Barack die Wähler von seinen Absichten überzeugen können.

Deshalb höre ich jetzt auf und gehe weiterlesen.

Herzlich
Cordula Broicher

P.S. Wir machen mit bei der Lesechallenge #WirlesenFrauen von Schreibtrieb. Aufgabe 3: Woman of Color.

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