Dorrit liest: James Baldwin – Beale Street Blues

Tish und Fonny leben in New York, lieben sich und erwarten ein Kind. Ihrer beider Eltern sind mit der Wahl einverstanden, und kürzlich haben sie ein Loft gefunden, in dem sie zusammen wohnen wollen. Ihr Glück könnte vollkommen sein, allerdings gibt es ein Problem: Fonny sitzt im Gefängnis. Zu Unrecht. Doch es wird schwierig das zu beweisen, denn die Hauptbelastungszeugin hat nach ihrer Falschaussage die Stadt verlassen.

Die Familien kratzen all ihr Geld zusammen, um einen Anwalt zu bezahlen, von dem sie nicht sicher sind, ob sie ihm vertrauen können. Doch ihn in Frage zu stellen, würde die mühsame Beherrschung, mit der sie die Situation ertragen, zunichte machen. Mit nicht ganz legalen Mitteln beschaffen die Väter weiteres Geld, mit dem Tishs Mutter nach Puerto Rico fliegt. Sie will die Zeugin bitten, ihre Falschaussage zurückzunehmen. Denn das ist die einzige Chance für die Familie, Fonny aus dem Gefängnis zu holen. In dem er sitzt, weil er mit einem Blick, einer Geste einen weißen Polizisten verärgert hat. Der seine Macht nutzt, indem er Fonny bei einer Gegenüberstellung als einzigen Schwarzen aufstellt.

Der angebliche Grund für Fonnys Gefängnisaufenthalt wird erst in der Mitte des Buches enthüllt. Da war mir das Liebespaar schon so ans Herz gewachsen, dass ich inständig für das Paar hoffte, es möge gut ausgehen. Gleichzeitig wusste ich: Ich lese einen Roman von James Baldwin, über New York und Afroamerikaner in den 1960er  Jahren. Das kann nicht gut ausgehen. Tut es auch nicht.

Überrascht hat mich, wie zeitlos das Buch wirkt, obwohl es bereits 1974 erschienen ist. Es liest sich – auch dank der Neuübersetzung von Miriam Mandelkow – ganz modern. Wie eine Geschichte, die heute genauso geschehen könnte. Leider. Umso wichtiger ist es, dieses Buch zu lesen, den Stimmen derer zuzuhören, die zu lange keine hatten.

Ihre
Dorrit Bartel

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