Elisabeth Engelhardt: Die Biografie

Im Jahr 1994, sechzehn Jahre nach dem Tod der Dichterin, erschien ihre Biografie, „dargestellt von Ingeborg Höverkamp“ und „herausgegeben von der Marktgemeinde Schwanstetten“1). Es ist nicht die erste2) biografische Darstellung, und auch nicht die letzte3). Während die anderen Beiträge kurz, oder zumindest überschaubar sind, legt Ingeborg Höverkamp eine umfangreiche, gut recherchierte Arbeit vor. Zwar steht auf dem Titel Eine fränkische Schriftstellerin, und er ordnet sie damit eher in einen regionalen Kontext ein, in der Biografie selbst ist das jedoch nicht der Fall. Höverkamp weist immer wieder darauf hin, dass Elisabeth Engelhardt zu ihrer Zeit eine übergeordnete Rolle im literarischen Deutschland spielte, auch wenn sie von einer breiten Leserschaft kaum wahrgenommen wurde.

Im Jahr 1925 geboren, wächst Elisabeth Engelhardt in einem kleinen Dorf südlich von Nürnberg auf einem kleinen Bauernhof auf, arbeitet während des Kriegs als Funkerin in Norddeutschland und beendet mit dem Kriegsende auch ihre Jugend. Nach dem Krieg lebt sie zunächst orientierungslos wieder bei ihren Eltern auf dem Hof, strebt dann eine Ausbildung zur Kunstmalerin an und beginnt eine „Fernliebe“ mit einem Göttinger Studenten, die nicht gut endet und an deren Spuren sie wohl bis an ihr Lebensende leidet. Eine von den Eltern gewünschte „Vernunftehe“ mit einem Beamten sagt sie in letzter Minute ab. Die Fünfzigerjahre sind ihre Reisejahre. Sie reist durch Europa, teilweise mit dem Fahrrad.

Ab 1955 arbeitet sie als Vollzeitbeschäftigte als Dekorationsnäherin und Kulissenmalerin an den Städtischen Bühnen in Nürnberg und kann sich nun auch weitere Reisen leisten, etwa nach Marokko, England, Norwegen und Schweden. Texte entstehen in dieser Zeit viele, auch Romane. Doch keinen bringt sie bei einem Verlag unter. Erst 1964 veröffentlicht ein Schweizer Verlag den Roman Feuer heilt, über eine Frau, die an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert als Hexe verfolgt wird. Ein Jahr später bekommt sie Kontakt zur Dortmunder Gruppe 61 und lernt Autoren wie Günter Wallraff und Max von der Grün kennen. Mit letzterem bleibt sie bis an ihr Lebensende freundschaftlich verbunden. Von der Gruppe trennt sie sich wieder, als es allzu sehr ins „Faktische“ geht und das „Literarische“ zurückgedrängt wird. Die Stadt Nürnberg verleiht ihr für Feuer heilt im Jahr 1967 den Förderpreis für Literatur. Erst 1972 gibt es eine neue Veröffentlichung, den Erzählungsband Johanna geht. In diesen seltsamen Geschichten zeichnet sie Frauen in Grenzsituationen, manchmal mit einem skurrilen Humor. Mit einem weiteren Roman hat sie wieder kein Glück bei den Verlagen, obwohl sie von diesen zeitweise sogar als weibliches Gegenstück zu „Grass“ gehandelt wird. Man traut ihr diese Rolle, die sie selbst auch nicht anstrebte, letztendlich doch nicht zu. Ihr zweiter Roman erscheint erst 1974 und wird vom Verlag Ein deutsches Dorf in Bayern betitelt. Das ist nicht falsch, spiegelt jedoch keineswegs wider, dass das beschriebene Beispiel Veränderungen dörflicher Strukturen eben nicht nur für Franken gilt. Außerdem ist der Titel langweilig, anders als der Roman. In einer Nachauflage versuchte man den Titel mit dem Zusatz „Krimi“ zu retten, was weder gelang noch ganz richtig ist. Einige Zeit gehörte sie dem Verband deutscher Schriftsteller an, den sie entrüstet wieder verließ, weil sie das gewerkschaftliche Auftreten (und Eintreten beispielsweise für die Drucker) nicht mit dem literarischen Anspruch von Schriftstellern vereinbaren konnte. Zu zahlreichen Kollegen, vor allem im fränkischen Raum, hielt sie jedoch Kontakt. Diese Kollegen stellt Ingeborg Höverkamp ausführlich in einem Kapitel vor und schafft damit eine gewisse „Außensicht“ auf die Schriftstellerin. Ihr Bild wird rund, vor allem auch deshalb, weil die Biografin sich mit dem Nachlass beschäftigt hat und den Leser hier und da durch Gedichtzitate und Textbeschreibungen hineinschnuppern lässt. Elisabeth Engelhardt starb im August 1978 an einem Gehirntumor. Ein weiteres Buch mit Erzählungen erschien erst 1983, fünf Jahre nach ihrem Tod, herausgegeben von Inge Meidinger-Geise (Zwischen „6 und 6“).

Auch diese Biografie ist nur noch antiquarisch zu bekommen. Das ist schade, denn sie beleuchtet über die beschriebene Autorin hinaus auch eine Facette der deutschen Nachkriegsliteraturlandschaft, die so sonst nicht zu finden ist.

Ihr Horst-Dieter Radke

1) Ingeborg Höverkamp: Elisabeth Engelhardt, Hohenloher Druck- und Verlagshaus Grabronn und Crailsheim, 1994, ISBN 3-87354-2269
2) Inge Meidinger-Geise: Elisabeth Engelhardt, in: Frauengestalten in Franken, Würzburg 1985
3) Gerhard Armanski: Weder Idylle noch Jammertal – Das weltgerechte Leben und Arbeiten der Elisabeth Engelhardt, in: Fränkische Literaturlese, Würzburg 1998, ISBN 3-8260-1497-9

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