Joan live oder: Wie ich lernte mit laszivem Blick einen toten Lachs zu halten

Kennen Sie den erotischen Lachskalender? Nein? Also das ist einen Wissenslücken von der Größe des Jemen, dieses für die Lachsfischerei literarisch so beliebten Flusses. Es ist ein wundervoller Kalender, bei dem junge, gut gebaute Damen weitgehend nackt einen toten Lachs halten. Dabei sehen sie ungefähr so erotisch aus, wie eben junge gut gebaute Damen, die einen toten Fisch halten. Ich habe mich immer gefragt, warum eine Frau für ein bisschen Geld und das Privileg die Nackte des Monats Mai zu sein, so etwas tut?

Und ich frage es mich nun noch innbrünstiger, denn ich hatte meinen eigenen Totenlachsmoment. Mein Verlag bat mich um ein 45-sekündiges Werbevideo. Eine ganz einfache Sache, nur ein paar Worte zum Inhalt des Romans und wo man ihn ab wann bekäme. Das konnte keine Mühe sein, 45 Sekunden sind wirklich keine lange Zeit, da kann man nicht allzu viel falsch machen!

Ich bat meinen Bruder, mich zu filmen. Er war gerne bereit dazu, denn er ist ein wirklich lieber Bruder. Voller Enthusiasmus suchten wir uns einen Hintergrund – eine Bücherwand, das passte. Los! Nein, es war zu dunkel! Gut, kein Problem, mein Vater hat eine Tageslichtlampe, die mussten wir nur schnell holen. 20 Minuten und viele gute Raschläge später hatten wir sie in den Händen. Also weiter ging’s! Nein, vershaspelt! Los! Nein, Kirchenglocken! Los! Nein, falscher Titel, das war der Arbeitstitel, Scheiße! Los! Nein, draußen vor dem Fenster hat einer eine Vollbremsung hingelegt, das hört man. Los! Nein, Schatz, Mama arbeitet, noch fünf Minuten! Los! Ja, voll gut, nur zu lang! Los! Nein, verhaspelt! Los! Scheiße, schon wieder Kirchenglocken! Los! Jaaaaa! Voll super geschafft! Oh, guck mal, da liegen de Sades 120 Tage von Sodom im Hintergrund …

Aber wir haben es schließlich geschafft, nach genau 34 Versuchen! Ich war so erleichtert, nie wieder würde ich sowas machen! Dann doch lieber lasziv guckend einen toten Lachs in die Kamera halten! Ne, nie wieder! Nie wieder! Da war ich mir ganz sicher, bis ich in mein Postfach gesehen habe und eine Anfrage fand, ob ich für einen Bildband über Autoren Modell stehen möchte. Modellstehen, das ist ja nicht weiter schwer, das geht ja schnell! Und solange ich keinen toten Fisch halten muss …

Joan Weng

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