Menschen finden Bücher, Bücher finden Leser

Besondere Buchhandlungen: Tom Liehr hat mit dem fränkischen Ausnahmebuchhändler Tom Heilmann gesprochen.

Herr Heilmann, dessen sympathischer Vorname Tom lautet, arbeitet nachts in Kneipen, damit er sich tagsüber – aber erst ab elf am Vormittag – seine Leidenschaft leisten kann. Dann nämlich steht Tom Heilmann, Jahrgang 1981, in seinem nicht sehr großen, wunderschönen Laden, Jahrgang 2012, in der Altstadt von Bamberg – und bietet Bücher zum Verkauf an. Es gibt auf den ersten Blick das übliche Sortiment in den Regalen, nur ein paar Genres scheinen zu fehlen, und doch ist hier etwas ganz Entscheidendes anders. Tom Heilmann verkauft nämlich nur solche Bücher, die ihm selbst gefallen. Es fehlen die Fitzek-Stapel und die Jaud-Haufen, es gibt keine Nackenbeißer und keine populistischen „Sachbücher“, aber dafür wird ein Roman, der schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, durchaus auch prominenter präsentiert, wenn er vom Ladeninhaber geliebt wird. Denn „Herr Heilmann – Gute Bücher“ ist ein Schrein und ein Tempel, ein hinreißend gemütlicher Ort, an dem ein Gott angebetet wird, der keinem was tut, der aber allen helfen kann: das gute Buch eben.

Wenn man deinen Buchladen betritt, bekommt man nicht das Gefühl, dass jemand mit diesem Geschäft Millionär werden will. Was also ist dein Ziel?

Das erste Ziel ist, dass Menschen gute Bücher lesen. Wenn du heute in einen „normalen“ Buchladen gehst, wirst du, falls du an den Backförmchen vorbei findest, von einer Wand aus Bestsellern und Stapelware erschlagen. Das genaue Gegenteil davon soll mein Laden darstellen. Hier ist jedes Buch selbst gelesen und persönlich ausgewählt – also wie mein privates Buchregal. „Gute Bücher“ ist natürlich subjektiv gemeint und sind Bücher, die ich gerne lese und Freunden empfehlen würde. Dein Buch Nachttankstelle habe ich übrigens auch immer auf Lager. Das zweite Ziel ist eher egoistischer Natur: einen Ort zu schaffen, an dem ich mich mit anderen Leuten über Literatur austauschen kann.

Wie gehen die Menschen mit deiner besonderen Auswahl um? Gerade Laufpublikum dürfte doch irritiert sein, wenn es mal eben den neuen Sarrazin oder irgendeinen aktuellen Schema-F-Thriller mitnehmen will, aber beides nicht bei dir findet?

Ein bisschen Irritation ist ja nicht schlecht. Meist wird dann gefragt, was das Konzept des Ladens ist, und wenn ich ihnen dann erkläre, dass ich nur Bücher hier hinstelle, die ich gelesen und für gut befunden habe, und auch bestimmt für sie etwas dabei ist, sind viele Menschen begeistert und gehen, bestenfalls, beglückt mit einem guten Buch nach Hause.

Wie, glaubst du, wird sich der Buchhandel in zwanzig Jahren präsentieren? Was wird sich geändert haben?

„Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt“, hat schon der Herr Busch gewusst. Was ich mir jedoch wünsche und woran ich auch fest glaube (Idealist, der ich nun mal bin), ist, dass das Buch wieder verstärkt als Kulturgut gesehen und es wieder mehr kleinere Buchhandlungen geben wird, die von echten Liebhabern der Kultur geleitet werden. Jedenfalls, wenn die Buchpreisbindung bis dahin durchhält.

Was waren die schönsten, originellsten, ergreifendsten, überraschendsten Ereignisse deiner bisherigen Zeit als Buchhändler? Was wird deine stärkste Erinnerung sein, wenn du in ein paar Jahren daran zurückdenkst?

Freunde würden jetzt sagen: „Erzähl doch die Geschichte mit dem Likörchen“, oder „Die mit der Dame, die bei dir Seife kaufen wollte“. Das waren fraglos alles tolle Geschichten, an die ich gerne zurückdenke. Das Schöne ist jedoch, dass man gar nicht in Erinnerungen wühlen muss, da das Schönste genau das ist, was hier täglich passiert. Menschen finden Bücher, Bücher finden Leser, und wenn dann ein Kunde nach einer Woche zurückkommt und erzählt, wie toll er das empfohlene Buch fand, dann macht mich das glücklich. Das ist fast wie erfolgreiches Kuppeln, so nach dem Motto: Wusste ich doch, dass das passt.

Du bist ja sowieso ein Buchverkäufer, der nur anbietet, was er selbst kaufen würde. Gibt es trotzdem ein paar aktuelle Geheimtipps von dir?

Normalerweise gibt es Geheimtipps nur für Kunden vor Ort, aber ausnahmsweise:
Die Wartenden von Marc Mauguin und Meeresroman von Petri Tamminen.

Danke für das Gespräch und weiterhin viel Spaß und Erfolg!

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