Tolle Typen

Horst-Dieters Liebesgeschichte

Was war das doch für eine Zeit, was waren wir doch für tolle Typen. Das Haar lang, die Jeans verwaschen, Parka und Boots. So standen wir in der Welt und pfiffen auf Gesellschaft und Ansehen. Wir lebten nach unseren eigenen Vorstellungen, lasen Kerouac, Burroughs, Tini Stricker und gingen in regelmäßigen Abständen auf Tramp, nach England, nach Holland oder ins restliche Europa; öfter durch die Bundesrepublik oder quer durch „Drüben“ nach Berlin. Den Orient wollten wir uns für später aufheben, für länger. Einige zogen dann wirklich dorthin los, manche kamen sogar an.

Mädchen konnten uns nicht halten. Sie waren nur Gedanken, Erinnerungen auf dem einsamen Weg. Wir achteten sie, liebten sie, doch hielten sie uns, auch durch Tränen nicht, auf dem einsamen Weg zurück.

Wir gründeten eine Band; keine Frage, eine der besten. Verkannt, wie alle Genies am Anfang. Und keine Illusion war zu schön, kein Ziel zu hoch, keine Aufgabe zu schwer. Auf unsere Art, auf unsere Weise – alles zu schaffen. Es wurde gekifft, das war besser als saufen, glaubten wir. Gesoffen wurde trotzdem. Morgens um vier durch die Stadt heimwärts zu torkeln gehörte einfach dazu. In der Thermosflasche einen Spezialtee mit zur Arbeit oder Penne zu nehmen ebenfalls, und störrische Eltern waren geradezu ein Statussymbol.

Und die Mädchen? Wie schon gesagt, sie waren zweifellos nötig – wir waren Männer -, aber nicht zu wichtig.

So wollten wir sein.

Ich erinnere mich noch, nach einer Fete, tags drauf war ich mit Kalle in einer Pinte. Abends zuvor hatte ich mich an seine jüngere Schwester herangemacht, und nun saß er als Vermittler da.

„Na, was is? Meinst du es ernst mit Gerda, oder war es nur so, gestern Abend?“

Ich setzte mein Glas an, trank und sagte dann, nachdem ich mir den Schaum von der Nase gewischt hatte:

„Hab nichts dagegen, für einige Zeit. Man kann es ja mal versuchen, aber …“, und dabei sah ich ihn vertraulich an, „… wenn mal eine andere da ist, die lasse ich natürlich auch nicht sausen.“

Er nickte verständnisvoll, schließlich war er vom gleichen Schlag, und hob selbstbewusst mein Bierglas wieder an den Mund. Da sagte er zögernd: „Klar, aber dann wird Gerda sich natürlich auch noch an andere halten.“

Patsch! Das Bier schwappte über, als ich den Krug auf den Tisch knallte. Ich schaute Kalle entgeistert an. Dann ließ ich ihn sitzen und sah, dass ich zu ihr kam. Die Sicht auf das andere Geschlecht hatte plötzlich und unvermittelt eine neue Perspektive.

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