Vom Trödeln. Ein verspäteter Neujahrsgruß

Ich habe zwischen den Jahren das Trödeln wiederentdeckt. Nicht das Eigentlich sollte ich mich dem dreckigen Bad/diversen Konflikten/meiner herausgewachsenen Haarfarbe widmen-Trödeln. Nicht das Eigentlich sollte ich einen Jahresrückblick für den Blog schreiben-Trödeln, und auch nicht das Eigentlich sollte ich mich stringenter den tausend anderen selbst auferlegten Pflichten widmen-Trödeln.

Alle diese Varianten kenne ich aus meinem Erwachsenenleben zu Genüge. Diesmal war es anders. Es war das gute Trödeln. Das Gar nix muss ich-Trödeln. Das verloren geglaubte Kinder-Trödeln, aus dem sich im besten Fall – und dies war so einer – nach kurzer Zeit ein eigener Rhythmus, eine eigene Dynamik ergibt. Kaffee. Schreiben. Schreiben. Spazierengehen. Kaffee. Lesen. Zwischendurch ganz entspannt den Mann ein bisschen piesacken, und dann immer noch was vom Tag übrig, und – Überraschung! – eine riesige Lust auf das, was ich tun sollte. Weil ich es mir vorgenommen oder anderen versprochen habe, weil es Sinn ergibt und obendrein, das merke ich spätestens beim Tun, sogar Spaß macht. Auch und zum Beispiel, statt eines Jahresrückblicks für den Blog einen verspäteten Neujahrsgruß zu schreiben – ebenfalls ganz entspannt. Kollateralnutzen: Auf dem Weg dahin wurde aus dem Satz „Man kann nicht shoppen gehen“ angenehm still und leise der Satz „Ich muss nicht shoppen gehen“. Nix musste ich, wie gesagt, und wer mag, darf das Wort shoppen auch durch Kino, Silvesterparty, Frisör oder Muckibude ersetzen.

In diesem Blog hatten wir eine kleine interne Diskussion über Sinn oder Unsinn des Ausdrucks zwischen den Jahren. Ich selbst mag ihn nicht besonders (ist doch immer irgendwie Jahr, oder?), aber einer von uns merkte an, dass etwas Neues eine Zwischen-, eine Entstehungszeit braucht. Ein neues Jahr mit seinen Hoffnungen und Veränderungen poppt nicht einfach so aus dem Nichts auf, sondern geht idealerweise aus einem scheinbaren Stillstand hervor. Den Gedanken fand ich schön.

Und jetzt? In 2021? Geht alles weiter. Die Konflikte. Die Aufgaben. Die Sorgen. Corona und sämtliche Diskussionen darum, die wichtigen wie die bescheuerten. Vor dem Jahreswechsel habe ich gefühlt unzählige Male den Satz gehört: „Das neue Jahr kann nur besser werden!“ Nein. Warum kann etwas nur besser werden, nur weil ein 31. Dezember verstreicht? Wir werden weiterhin einen ganzen Sack voller Probleme zu lösen haben. Und wie unter anderem schon George Harrison bemerkte: It’s gonna take time, a whole lot of precious time. Und Geld. Und Nerven. Aber auch Geduld. Denn bei alldem sollten wir vielleicht ab und zu der Zeit selbst Gelegenheit geben, sich auszutrödeln.

In diesem Sinne frohes Trödeln,

Ihre Kristin Lange

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