Joan liest gerade Wohlfühlbücher

Ich muss ein Geständnis machen: ich bin ausgesprochen gerne mal krank. Natürlich nicht wirklich so richtig, denn schlecht sollte es mir dabei nach Möglichkeit nicht gehen. Aber so ein bisschen Halskratzen oder leichtes Magengrimmen, das ist etwas Feines – besonders wenn man wie ich zwei kleine Kinder und einen sehr, sehr lieben Vater hat.

Mit matter, meinem jämmerlichen Zustand entsprechender Stimme rufe ich ihn dann an und meistens erkennt er, dank medizinischer Ausbildung, den Ernst der Lage sofort. Er rückt für gewöhnlich umgehend an und bestimmt, um eine Verschlechterung meiner prekären gesundheitlichen Situation zu verhindern, bräuchte ich dringend Ruhe, ich darf, nein, ich muss!, mich umgehend aufs Sofa legen und dort ein bisschen lesen. Meine Brut entführt er indessen in die Küche, wo sie unter angenehmen, weil fernem Lärm Stärkendes zubereiten .

Bei der Wahl der Lektüre muss man nun aber Umsicht walten lassen, es darf nichts zu Aufregendes sein, meiner schwachen Konstitution wegen. Am liebsten ist mir Agatha Christies „Mord nach Maß“ – ein herrlich abgründiger Krimi um einen sympathischen Glücksritter, eine deutsche Femme fatale und einen Zigeunerfluch. Aber ich lese neuerdings auch gerne Sheridan le Fanus „Das Zimmer im Fliegenden Drachen“, denn auch hier wird aufs Gemütlichste gespukt und im geschlossenen Raum gemordet, zeitlich spannend direkt nach den napoleonischen Kriegen angesiedelt. Wenn ich sehr leide, dann schmökere ich in „Hundeherz“ von Bulgakow – eine bitterböse Satire um den zum Mustergenossen „Lumpikow“ mutierten kleinen Straßenköter Lumpi.

Häufig reicht für meine vollständige Genesung, schon ein halbes Stündchen so ungestört, denn spätestens wenn aus der Küche der Geruch nach Waffeln dringt, schwindet meine matte Appetitlosigkeit dahin.

Ich kann es von daher gerade im neuen Jahr nur wärmstens empfehlen, sich mal 30 Minuten pflegen zu lassen, aber man darf nicht zu lange damit warten: Kranksein macht gesund nämlich viel mehr Spaß!

Joan Weng

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