Immer fleißig recherchieren – Autoren und Sport

Handypics Oktober 2014 472

 

Ich bin Autorin. Ich treibe Sport. Beides hat nichts miteinander zu tun. Thema abgehakt. Sehr gut, so schnell war ich mit meinem Sonntagsserienbeitrag noch nie fertig.

Nein, im Ernst – ich jogge gern, ich schwimme begeistert, manchmal mache ich Pilates. Wenn wir mehr Geld hätten, würde ich wieder Ballettunterricht nehmen, aber ans Schreiben denke ich dabei eigentlich nie.

Ich plotte nämlich am Besten im Gespräch. Auch für das Entwerfen von Charakteren ist Sport für mich ungeeignet. Ehrlich gesagt, entwerfe ich überhaupt nur sehr selten Charaktere. Ich klaue sie mir aus meinem Freundeskreis zusammen: Man nehme die Rasiermesserwangenknochen des einen, ergänze sie mit der charmanten Unpünktlichkeit des anderen, streue noch ein Drei-Uhr-Nachts- Bonmot drüber, schüttle kräftig und freue sich am Resultat.

Meine Freunde haben sich inzwischen an die Frage: „Darf ich das verwenden?“ oder schlicht „Ich darf doch, gell?“ gewöhnt.  Aber die wirklich interessanten Gespräche, die in denen Geistreiches oder auch nur Amüsantes erzählt wird, die führt man – zumindest in meinem Freundeskreis –  leider nicht beim Joggen. Dazu gehört Rotwein oder über der Diskussion schal gewordener Sekt, die bullige Hitze eines mit zu vielen Menschen vollgestopften zu kleinen Zimmers, Zigarettenqualm, Pfeifenqualm  und Essen, viel und reichlich. Das Essen muss fettig sein, schon wegen des ganzen Weins und es ist mir egal, ob es besonders gut zubereitet wurde. Was mich wirklich interessiert, ist, wie die Geschichte weitergangen ist, die als der blauäugige A*** mit dieser Blondine im Bett war und sie mittendrin um Karotten und Sahne gebeten hat, oder die, als sich meine süße Freundin S*** vor der größten, scheußlichsten Mutantenspinne der westlichen Hemisphäre in ihrem Schlafzimmer verstecken musste, nur um dann festzustellen, dass das für den Hilferuf nötige Handy in der von Mutantenspinnen besetzen Küche zurückgeblieben war, oder die, als unser F*** auf dem Heimweg von einem Weinfest plötzlich erkannte, dass ihn besoffenes Schwein nur deshalb keiner als Anhalter mitnehmen wollte, weil er nicht sexy genug wirkte – „Er hat sich nicht wirklich ausgezogen! Sag, dass es nicht wahr ist!“

Nach solchen Abenden habe ich oft etwas Kopfweh, aber Stoff für mehr als eine Kurzgeschichte und manchmal, wenn mich nach derartiger Recherche das schlechte Gewissen packt, dann gehe ich und jogge ein ordentliches Stück. Irgendwie hängt es also vielleicht doch zusammen, das Joggen und das Schreiben.

Ihre Joan Weng

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